Abermals keine Mehrheit für EU-Lieferkettengesetz
Kurz schien es, als könne am 28, Februar die finale Entscheidung über das europäische Lieferkettengesetz fallen. Die belgische EU-Ratspräsidentschaft hatte das Dossier am Dienstag auf die Agenda der EU-Botschafter gesetzt, nachdem es aus dem auf der Seite der Kritiker stehenden Italien vorsichtige Signale für eine Kursänderung gab. Mittwochmittag aber stellte die Präsidentschaft fest, dass es weiter keine ausreichende Mehrheit gibt. Klar für das Gesetz hätten sich nur die Niederlande, Dänemark, Irland, Spanien, Portugal und Lettland ausgesprochen, hieß es aus Diplomatenkreisen. Eine ganze Reihe von Staaten, darunter Frankreich, Österreich, Italien und Deutschland hätten eine Enthaltung angekündigt. Das zählt wie ein Nein. Andere Staaten hätten sich gar nicht geäußert. Für eine Annahme ist die Zustimmung von 15 Staaten nötig, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung auf sich vereinen.
Gescheitert ist das Gesetz damit nach wie vor nicht. „Wir werden die Lage prüfen und versuchen die von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Bedenken in Absprache mit dem Europaparlament auszuräumen“, teilte Belgien mit, das die Geschäfte im Rat bis Ende Juni führt. Das Gesetz liege aber nun erst einmal auf der Intensivstation, sagten Diplomaten. Eine schnelle Einigung sei kaum wahrscheinlich. Viel Zeit für eine Einigung bleibt allerdings nicht mehr, wenn das Gesetz bis zur Europawahl Anfang Juni verabschiedet werden soll.
Kompromiss gescheitert
Eigentlich hatten sich Unterhändler von Ministerrat und EU-Parlament Ende 2023 schon auf einen Kompromiss zum Lieferkettengesetz verständigt. Das Gesetz soll verhindern, dass in der EU Waren verkauft werden, die Kinder gefertigt haben oder bei deren Herstellung die Umwelt verschmutzt wurde. Grundsätzlich sollten Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro ihre gesamte Lieferkette auf Verstöße gegen die Menschen- und Arbeitsrechte sowie den Umweltschutz durchforsten. Das geltende deutsche Lieferkettengesetz hätte daran angepasst werden müssen.
"Überbürokratisch" und ohne Fortschritt für Menschenrechte
Die als Formsache geltende endgültige Annahme war maßgeblich an Deutschland gescheitert. Die FDP hatte sich Ende Januar gegen die Einigung gestellt und so die Bundesregierung gezwungen, sich zu enthalten. Sie hatte das unter anderem damit begründet, dass das Gesetz zu bürokratisch sei und weit über das deutsche Gesetz hinausgehe, das die Schwelle bei 1000 Mitarbeitern zieht. Da sich auch andere Mitgliedstaaten querstellten, gab es keine ausreichende Mehrheit mehr für das Gesetz. Das Votum der EU-Staaten wurde verschoben. Die Kommission hatte darauf zwar in Abstimmung mit dem EU-Parlament weitreichende Zugeständnisse angeboten. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte an seinem Nein aber festgehalten.