DAK-Studie zu Mediennutzung: Jedes vierte Kind suchtgefährdet
Eine Längsschnittuntersuchung der DAK-Gesundheitskasse und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat bundesweit die digitale Mediennutzung von 1.200 Familien untersucht. Demnach hat die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland seit der Pandemie zugenommen. Ein Viertel der Minderjährigen nutzen soziale Medien exzessiv. Das entspricht einer Steigerung auf 1,3 Millionen Mädchen und Jungen, womit sich die Zahl der Betroffenen gegenüber 2019 verdreifacht hat.
Für die pathologische Nutzung, die nach ICD-11 mit "Kontrollverlusten" und der "Verschiebung von Priorisierungen" einhergeht, wurde seit 2019 ebenfalls ein Anstieg festgestellt (90 Prozent), der inzwischen aber wieder rückläufig ist. Während die Probleme bei sozialen Medien zunehmen, gibt es beim Gaming und Streaming positive Entwicklungen, wie rückläufige Nutzungszeiten und eine geringere Anzahl Minderjähriger mit Suchtkriterien, erklärte DAK-Chef Andreas Storm.
Zu viel Social Media kann zu Depressionen führen
Bei den auffälligen Nutzern ist es so, dass sie "stärkere Ausmaße an Depressivität, an Angst und Stressbelastung zeigen und auf der anderen Seite weniger Fähigkeiten, Emotionen, insbesondere ungute Emotionen, wie Anspannung, Angst, Wut, aus eigenen Kräften heraus zu regulieren", erklärte Storm. Außerdem würden die Kinder verminderte Achtsamkeitsfunktionen aufweisen. Die Eltern der betroffenen Kinder seien zudem unzufriedener mit der Kommunikation innerhalb der Familien als die Vergleichsgruppe, in der die Mediennutzung unproblematisch ist.
"Die Ergebnisse zeigen leider deutlich, dass die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland während und nach der Corona-Pandemie erheblich zugenommen hat", erklärte Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärztinnen e.V. (BVKJ). Mit den Maßnahmen während der Coronakrise habe man "genau das von ihnen gefordert, was wir jetzt kritisch begleiten". Die Lebensräume der Kinder seien komplett in die digitale Welt verschoben worden, "sowohl für die Schule als auch für die sozialen Kontakte", gab Hubmann zu bedenken.
WhatsApp-Gruppen der Eltern kein gutes Vorbild
Bei der Frage zu einem generellen Smartphone-Verbot an Sekundarschulen sind sich die Experten uneins, ein Smartphone-Verbot an Grundschulen befürworten jedoch alle. Eltern seien mit übermäßiger Kommunikation in Eltern-WhatsApp-Gruppen allerdings kein gutes Vorbild. "Ich glaube, wir müssen da ganz, ganz viel auch an uns selber arbeiten", so Hubmann. Auch Eltern sollten ihr Smartphone mal zur Seite legen. Die Experten fordern abschließend mehr Aufklärung über Mediensucht und zusätzliche Präventions- und Hilfeangebote für betroffene Familien.
Zum Artikel: https://www.heise.de/news/DAK-Studie-zu-Mediennutzung-Jedes-vierte-Kind-suchtgefaehrdet-9640149.html