Interview mit Nick Sohnemann, Gründer Future Candy

Der Innovationsexperte packt mit Unternehmen weltweit die Zukunft an

Von Sibylle Dorndorf

„Highway to hell or Future – Ein Blick auf die Zukunft des Spielwaren-Handels““ lautet der Titel des Vortrags, den Nick Sohnemann am 31. Januar 2024 im Toy Business Forum der Spielwarenmesse halten wird. Nick Sohnemann kennt sich aus mit Zukunft. Sein Metier als Innovationsexperte ist dabei nicht der Blick in die Glaskugel, es ist vielmehr die Bündelung von zukunftsgerichteten Maßnahmen, die das Überleben von Unternehmen sichern. Neue Geschäftsmodelle eruieren, Produktvariationen kreieren, dem operativen Geschäft ein zukunftsfähiges Update verpassen und damit nachhaltige Ergebnisse schaffen – das ist die Mission von Nick Sohnemann.

Sibylle Dorndorf: Herr Sohnemann, Sie sind Gründer der Innovationsagentur „Future Candy“. Wie definieren Sie Zukunft? 

Nick Sohnemann, Gründer und Managing Director der Innovationsagentur Future Candy

Nick Sohnemann: Um diese Frage zu beantworten, muss ich vorausschicken, dass Innovationsagenturen Zukunft anders definieren als beispielsweise Zukunftsforscher. Wir agieren weniger visionär, sondern rechnen im Schnitt in drei-Jahres-Schritten. Bei uns ‚Innovationsanpackern‘ geht es inhaltlich um neue Technologien, Trends und innovative Geschäftsmodelle. Natürlich berücksichtigen wir dabei auch gesellschaftliche Trends und Gegentrends, betrachten KI und ihre Auswirkungen als Gegenpol zu menschengemachten Entwicklungen, aber generell liegt unser Fokus darauf, die Zukunft für unsere Kunden mit Hilfe neuester Technologie verständlich und anfassbar zu machen.

Sibylle Dorndorf: Ihre Agentur nennt sich Future Candy. Wird das, was uns in den kommenden Jahren erwartet, ein Zuckerschlecken? 

Nick Sohnemann: Jein. Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen. Wir gehen in eine Wirtschaftskrise, wir haben wiederholt ein extrem negatives PISA-Ergebnis eingefahren, aber aus der Makroperspektive betrachtet ist unsere Welt in den letzten Jahrzehnten immer besser geworden. Unsere Einkommen sind gestiegen, ebenso unsere Lebenserwartung. Natürlich haben wir Challenges und zwar nicht zu knapp, aber ich bin kein Fan des Kulturpessimismus. Der bringt uns nicht weiter. Die Realität ist: Die Welt wird nicht immer schlechter, sie verändert sich. Klar, einige Unternehmen und einzelne Branchen stehen unter Druck. Gerade die Firmen, die in den letzten Jahren wenig investiert und innoviert haben, merken das jetzt und haben es schwer.

Sibylle Dorndorf: In einfachen Worten: Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen? 

Nick Sohnemann: Wir helfen Unternehmen dabei, Ideen für ihre Zukunft zu haben. Unser Blickwinkel ist breit und generalistisch. Wir versuchen keinen „Stallgeruch“ einer Branche zu haben, sondern arbeiten für Unternehmen mehrerer Industrien. Unsere Arbeit reicht von Technologien über Trends bis hin zur Entwicklung von Prototypen der Innovationsvorhaben. Wir schauen uns neue Geschäftsmodelle an und diskutieren diese mit den Innovationsverantwortlichen, dem Marketing, aber auch dem Vertrieb in den Unternehmen. Wir agieren partnerschaftlich. In der konkreten Aufgabenstellung arbeiten wir mit drei Bausteinen, nämlich Forschung, Entwicklung und Innovation. Wenn wir diese drei Parameter für das Innovationsprojekt im Blick haben, reduzieren wir für unsere Kunden das Risiko, in die falsche Richtung zu laufen.

Sibylle Dorndorf: Nie vollzog sich Wandel rascher als jetzt. Kann man in einem so komplexen Umfeld überhaupt Trends oder Strömungen ausmachen? 

Nick Sohnemann: Wir sind Innovationspraktiker. Unsere Herangehensweise ist geprägt von den erfolgserprobten Innovationsmethoden der letzten Jahrzehnte. Dabei geht es im Kern nicht um empirische Belastbarkeit oder um spektakuläre visionäre Ideen, sondern darum, nahe an der Wirklichkeit zu arbeiten. Unser Job ist operativ ausgerichtet. In der Praxis sieht unsere Arbeit so aus: Wir erstellen Thesen, entwickeln Prototypen und testen diese in der Realität. Der Markt gibt uns die Richtung, ist also gleichsam korrektiv. Unsere Arbeit ist ein Prozess. Wir verändern unsere Projekt-Hypothesen und Innovationsmodelle bis wir eine Version haben, die wirtschafts- und marktfähig ist.

Sibylle Dorndorf: Derzeit prägt eine tiefe Verunsicherung die Menschen. Glaubt man Theorien in den sozialen Medien, steuern wir auf apokalyptische Zustände zu. Was kann jeder Einzelne tun, um das Gefühl zu bekommen, er sei der Situation nicht ausgeliefert? 

Nick Sohnemann: Auf diese Frage kann ich nur als der Mensch Nick Sohnemann antworten: Beim Medienkonsum reduziert vorgehen, wenig und gezielt News aus seriösen Kanälen konsumieren und sich mit neuen Medien und Technologien auseinandersetzen. Als Gegenpol Ausgleich schaffen, beispielsweise ein Buch lesen, auf die mentale Gesundheit achten und sich nicht von den Ereignissen treiben lassen.

Sibylle Dorndorf: 2024 werden viele Unternehmen vom Markt verschwinden. Wo sehen Sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland im Kontext der globalen Herausforderungen positive Entwicklungen?

Technologieexperte, Innovationsberater, Trendforscher: Nick Sohnemann macht Zukunft (be)greifbar

Nick Sohnemann: Ich möchte hier ganz konkret mit einem Beispiel antworten: Ein Positivbeispiel ist für mich die Schwarz Gruppe, die ihre Präsenz in der Region Heilbronn mit einem weiteren Standort verstärkt. In Bad Friedrichshall entsteht der Schwarz-Projekt-Campus, der überwiegend von IT-Mitarbeitern genutzt wird. Neben den entsprechenden Verwaltungseinheiten sind auch Einrichtungen wie eine Kindertagesstätte und ein Restaurant für Mitarbeiter geplant. Man hat junge Menschen im Auge, deren Mobilität höher ist als die der um die 40-jährigen. Oder zum Thema KI. Was kaum jemand weiß: In Bayern wurden bereits im Jahr 2019 an Unis 100 KI-Professoren installiert, um die Möglichkeiten der KI in verschiedener Hinsicht zu eruieren. Das ist beispielhaft, denn in der Gesamtbetrachtung geht die KI-Revolution an Deutschland vorbei. 

Sibylle Dorndorf: Vor allem die Gen Z und ihre Haltung zu Leben und Arbeit steht derzeit im Fokus. Ist das die Generation, die das Ruder herumreißen kann? 

Nick Sohnemann: Sicher nicht allein. Sprich: Wir können das nicht nur der Gen Z überlassen. Da würden wir es uns zu einfach machen. Bedenken Sie, welchen Megatrend unsere Eltern vorfanden. Das war genau einer: die Globalisierung. Die Gen Z hat zwei starke Megatrends, zum einen die Digitalisierung und zum anderen die Nachhaltigkeit. Meiner Ansicht nach müssen die Generationen, die gesettelt sind, den jungen Generationen zur Seite stehen. Wir müssen aus unserer Erfahrung heraus unterstützen und Mitverantwortung übernehmen.

Sibylle Dorndorf: Wenn Sie Ihre Prognosen verschlagworten. Was kommt? Was bleibt? 

Nick Sohnemann: Ganz sicher kommt die KI-Transformation. Wir werden humanoide Roboter haben, die einfache Arbeiten in unterschiedlichen Bereichen wie Haushalt und Pflege verrichten. Der Einsatz von KI wird in Unternehmen grundlegende Veränderungen herbeiführen. Der Mensch hingegen wird immer mehr für das Entwickeln von Visionen gebraucht.

Was bleibt? Europa bleibt und damit der Diskurs der Langsamkeit. Menschliche Begegnungen bleiben, die menschliche Interaktion als Basis für unseren Zukunftsgedanken.

Sibylle Dorndorf: Bei Ihrem Vortrag im Toy Business Forum der Spielwarenmesse treffen Sie vor allem auf Zuhörerschaft aus dem Handel. Hier gab es 2023 erhebliche Verwerfungen durch Insolvenzen vor allem großer Player, auch in der Spielwarenbranche. Hat der Handel wie wir ihn kennen ausgedient?

Nick Sohnemann: Die klassische Aneinanderreihung von Regalen brauchen wir nicht mehr. Und die Krokodilstränen, die geweint werden, bringen uns nicht weiter. Die Unternehmer sind letztlich schuld an dieser Entwicklung. Trends, neue Lebensstile wurden schlicht verschlafen, die Revolution, die im Handel stattfand und noch stattfindet, sollte spätestens jetzt jeden aufrütteln, der im Handel tätig ist. Blicken wir nach China und Japan: Dort hat der Handel ganz neue Dimensionen erreicht. Geschäfte sind Begegnungsstätten, machen Freizeitangebote. In Europa ist der Handel traditionell geblieben und damit nicht mehr zeitgemäß für die kommenden Generationen und ihre Bedürfnisse.

Sibylle Dorndorf: "Highway to hell or future – Ein Blick auf die Zukunft des Spielwaren-Handels“ – so lautet der Titel Ihres Vortrags am 31. Januar 2024 im Toy Business Forum der Spielwarenmesse. Ein hoch spannendes Thema. Verraten Sie in zwei Sätzen, in welche Richtung es gehen wird?

Nick Sohnemann: Die Hölle wäre, wenn wir so weitermachten wie bisher. Wir schauen uns gemeinsam an Beispielen an, welche Thesen nicht funktioniert haben. Der Blick in die Zukunft wird aufzeigen, was sich verändern wird. Wir betrachten die Entwicklung der KI im Handel, wie eine moderne Logistik aussehen muss, welche Payment-Angebote es geben wird und wie sich Stores verändern. Ich kann viele Aha-Momente versprechen.

Sibylle Dorndorf: Herr Sohnemann ich danke Ihnen für das informative Gespräch und die wertvollen Einblicke in Ihre Arbeit.

Nick Sohnemann live auf der Spielwarenmesse 2024

Sie wollen wissen, welche Wege in die Zukunft dem Spielwarenhandel offenstehen? Nick Sohnemann wagt eine Prognose: “Highway to hell or future – Ein Blick auf die Zukunft des Spielwaren-Handels” ein. Der Vortrag findet im Rahmen der Spielwarenmesse 2024 am 31.01.2024 um 13:55 Uhr im Toy Business Forum statt.

Anschließend steht der Zukunftsanpacker Ihnen für Fragen und Antworten zur Verfügung.

Alle weitere Informationen zum Toy Business Forum auf der Spielwarenmesse 2024 finden Sie hier

Unternehmensportrait Future Candy

  • Future Candy ist eine weltweit agierende Innovationsagentur, die Zukunft mit Hilfe neuester Technologie verständlich macht.
  • Future Candy liefert wichtige Insights zu spannenden Innovationen. Folgende Themen werden abgedeckt: Virtual Reality über Krypto, Green Tech oder Robotics, bis hin zu Einblicken in die Generationen X & Y.
  • Future Candy baut Innovationskraft aus und findet den richtigen Ansatz für den Company Status Quo. Das bedeutet: Nachhaltige Resultate und ein kompletter Innovations-Deep Dive für Unternehmen.

Autorenprofil

Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.

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