Die Fair Toys Organisation: Pionierarbeit für Fairness und Transparenz
von Jörg Meister
Die Fair Toys Organisation(FTO) steht in den Startlöchern für ihre Gründungsversammlung am 14. Juli 2020 in Nürnberg. Bereits 2018 setzte sich das „Nürnberger Bündnis Fair Toys“ ein unabhängiges Siegel für Sozialstandards in der Spielwarenherstellung zum Ziel. Das Siegel soll kein weiteres verkaufsförderndes Instrument, sondern vielmehr ein Zeichen zur Selbstverpflichtung sein, an dem sich Siegelträger messen lassen wollen.
Zitat: „Unsere Initiative hebt sich dadurch von bestehenden Codices ab, dass wir die Verantwortung des Auftraggebers in den Fokus rücken wollen. Wir wollen die Spielzeughersteller selbst in die Pflicht nehmen, die ihre Verantwortung bislang meist komplett auf die Fabriken abwälzen, in denen das Spielzeug hergestellt wird“
Das höchste Gremium der Fair Toys Organisation ist der Vorstand, dieser entscheidet gleichberechtigt nach Stakeholder-Gruppe. Jede Stakeholder-Gruppe entsendet dieselbe Anzahl an Personen als Vertretung in den Vorstand. Zu Beginn sind dies eine bis zwei Personen pro Stakeholder-Gruppe. Die Personen werden von der jeweiligen Stakeholder-Gruppe benannt. Die Stimmrechte verteilen sich auf die Stakeholder-Gruppen wie folgt:
• Spielzeughersteller und deren Verbände 25%
• Spielzeughändler und deren Verbände 25%
• Zivilgesellschaftliche Organisationen und Bündnisse 25%
• Gewerkschaften und Gewerkschaftsbünde 25%
Gründungsversammlung am 14. Juli 2020
Der erste Schritt in die Öffentlichkeit fand auf der Spielwarenmesse® 2020 statt, wo über Vorhaben, Ziele und Zeitplan der zu gründenden „Fair Toys Organisation“ informiert wurde. Der Branchenverband Deutscher Verband der Spielwarenindustrie e.V. (DVSI) ist von Anfang an aktiv dabei und unterstützt die Idee. Erste Unternehmen erklärten ihre Absicht, an dem Bündnis teilzunehmen. So wurde voller Zuversicht die Gründung in der ersten Jahreshälfte 2020 avisiert und, Corona bedingt verschoben, nun am den 14. Juli 2020 umgesetzt.
Die Organisation, die sowohl von Unternehmen und Händlern der Spielwarenbranche sowie NGOs getragen werden wird, soll die Themen soziale und ökologische Verantwortung in der Spielwarenbranche fördern und Verbrauchern eine fundierte Informationsbasis liefern: für eine verantwortungsvolle Spielwarenproduktion von der Herstellung bis zum Handel.
Das ist die Fair Toys Organisation
- Die Fair Toys Organisation versteht sich als Dach- und Kontrollinstanz mit Multi-Stakeholder-Ansatz, die ebenso bestehende Programme zur Sicherung der Sozial- und Umweltstandards anerkennt, wie zum Beispiel das Ethical Toy Program.
- Die FTO entwickelt mit den Mitgliedsunternehmen Lösungsstrategien Und Verbesserungsmaßnahmen, basierend auf bestehenden Dokumentations- und Kontrollverfahren für das Unternehmen und die entsprechende Lieferkette.
- Ziel der FTO ist die Entwicklung eines Siegels, das auch Verbrauchern gegenüber das sozial-ökologische Engagement des Unternehmens bekundet, und langfristig Verbesserungen der Bedingungen in den globalen Spielzeugfabriken ermöglicht.
- Unterstützung erhält die FTO vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Pioniere Heunec und Sigikid
Das Initiatoren-Team der Fair Toys Organisation hat einige Interessenten bereits von Anfang an begeistert. Zwei dieser Unternehmen der ersten Stunde sind die Plüschspielwarenhersteller sigikid und Heunec.Beide Unternehmen tun sich ohnehin bereits seit Langem durch umsichtiges Handeln und großes Bewusstsein für Umweltbelange und soziales Engagement hervor.Beide Hersteller haben hohe selbstgesteckte Ansprüche an die eigenen Produkte. Sie sollen ein Kinderleben lang halten, und nach Möglichkeit vererbt werden. Dabei sollen sie frei von umweltbelastenden Stoffen sein. Heunec fertigt Babyprodukte nach GOTS-Standard, und kompensiert mit Hilfe von ClimatePartner alle CO2 - Emissionen, die im Betrieb anfallen. Das Unternehmen erstellt und optimiert seine Klimabilanz jährlich neu. Das Label „klimaneutral“ soll dabei Transparenz gewährleisten: Emissionen und Kompensationen können über die ID des Unternehmens stets nachvollzogen werden.
FTO hilft Kunden bei Orientierung
Die Idee, die hinter Fair Toys steht, ist wichtiger denn je. Erlaubt sie doch den Verbrauchern – gerade im Hinblick auf eine nachhaltige und verantwortungsvolle Herstellung – ihre Einkaufsentscheidungen fundierter zu fällen. Axel Gottstein, Inhaber von sigikid, merkt an: „Unsere Kunden werden durch die Corona Krise intensiver und bewusster darauf achten, wo und wie ein Produkt hergestellt wurde. Die Fair Toys Organisation kann hier ein Leitbild geben, das zu einer besseren Orientierung dient und dadurch für eine generelle Verbesserung der sozialen Situationen und ökologischen Wirkungen durch die Spielwarenbranche sorgt.“ Insofern schärft die Corona-Krise die Notwendigkeit für nachhaltiges Wirtschaften und damit eine möglichst umfassende Umsetzung der Fair Toys-Idee. „Aus Stimmungen bei Kunden werden nun Haltungen. Damit wird fair gehandeltes Spielzeug ein wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung. Nun ist der richtige Zeitpunkt für einen Beitritt zur FTO, denn je später man nachzieht, desto unglaubwürdiger und komplizierter sind die Bemühungen“, so Prof. Dr. Harald Bolsinger, Lehrstuhl Business Ethics & Economics der FH Würzburg-Schweinfurt, bei der Veranstaltung „Spielsachen Fair Machen“ am 3. März 2020 im Nürnberger Rathaus.
Verpflichtungen für (potenzielle) Mitglieder
Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, der FTO beizutreten, möchte Barbara Fehn-Dransfeld die Angst nehmen: „Es ist ähnlich wie bei anderen Zertifizierungen: Die anfängliche Sorge, viel für den Beitritt leisten zu müssen, löst sich schnell auf: Der Hauptteil ist die ordentliche Dokumentation - und dabei hilft das bereits vorhandene Netzwerk der Unternehmen, die bereits bei der FTO sind - und sogar zum Teil in Konkurrenz zueinander im Markt sind.“
Zitat: „Es ist besser, miteinander an verbesserten Bedingungen in den Herstellungsländern und am Thema Nachhaltigkeit zu arbeiten, als sich ständig gegeneinander zu positionieren.“
Dr. Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des DVSI