Vom Wow-Effekt über den Flow-Effekt zum Glow-Effekt
Werthaltiges Spielen und nachhaltiges Spielzeugdesign
Von Katriina Heljakka
Spielzeug soll Freude machen. Gutes Spielzeug verspricht Spaß am Spielen, fasziniert, begeistert und macht lange Freude. In der Forschung wird der Lebenszyklus eines Spielzeugs deswegen in drei Phasen aufgeteilt: Wow, Flow und Glow.
Spielzeug, das begeistert und sinnstiftend ist
Die Erfahrungen, die wir mit einem Spielzeug machen, fangen mit dem Wow-Effekt an. Wir sind überwältigt und begeistert von dem neuen Toy. Dann tauchen wir mithilfe unserer Fantasie, durch Interaktionen beim Spielen und Storytelling mit dem Spielzeug in eine andere Welt ein. Diese Phase wird in der Wissenschaft als Flow bezeichnet. Wenn das Toy dann bespielt wird, kommt der Glow-Effekt – es wird zu einem sinnvollen Begleiter und erfüllt so seinen Zweck.
Die Lebensdauer aller Dinge ist begrenzt – das gilt ganz besonders für Spielwaren. Wo beginnt also der Lebenszyklus eines Spielzeugs, wo endet er und was passiert mit dem Spielzeug, wenn es seine Funktion erfüllt hat?
Vom Entwurf zum Spielen: Der Lebenszyklus eines Spielzeugs
In der Spielzeugbranche nimmt der Lebenszyklus seinen Anfang in den Köpfen und Händen sowie an den Sketchboards der Spielzeugentwickler. Auch Trends in sozialen Medien spielen mittlerweile eine Rolle. Den Wow-Effekt beim Entwickeln eines Spielzeugs zu generieren ist nicht schwer, denn hier geht es vor allem darum, etwas Neues und Spektakuläres zu ersinnen. Schwieriger ist es da schon mit dem Flow, denn der stellt sich nur dann ein, wenn der Adressat die Einladung zum Spielen auch annimmt. Die Literatur, die es zum Thema Spielzeugentwicklung gibt, besagt, dass es hier um die Interaktion zwischen einem Spielenden und dem Spielzeug mit seinen besonderen Eigenschaften geht. Beim Flow geht es ums Ausprobieren und Testen, was ja die Quintessenz des Spielens an sich ist.
Gutes Spielzeug ist auch nachhaltig
Zurzeit ist Nachhaltigkeit auch in der Spielzeugbranche in aller Munde. Verantwortungsvolles Spielzeugdesign achtet auch immer darauf, dass das Endprodukt langlebig ist. Dafür reicht es nicht aus, dass das Spielzeug in der Handhabung sicher und robust ist, sondern es muss auch der Glow-Effekt erreicht werden. Das ist die schwierigste Aufgabe bei der Entwicklung von Spielzeug: dafür zu sorgen, dass der Spielende eine langlebige Beziehung zu dem Toy aufbaut. Wie lässt sich also die Lebensdauer eines Spielzeugs verlängern, wenn man beim Design den Glow-Effekt gleich mitdenkt?
So sorgen Sie für Nachhaltigkeit bei Spielsachen
- Richten Sie den Fokus immer auf Langlebigkeit und beachten Sie stets den Grundsatz Wow, Flow und Glow
- Denken Sie auch bei der Materialauswahl, Bespielbarkeit und beim Storytelling an den Spielwert und schaffen Sie Möglichkeiten zur Herstellung einer emotionalen Bindung
- Erwachsene und Kidults wollen eher Spielzeug, mit dem sich nicht in erster Linie gut spielen lässt, sondern das gut aussieht und etwas hermacht
- Visual Storytelling und das Teilen von Toy-Storys im Netz wird immer wichtiger. Deswegen ist Fotogenität für beide Zielgruppen wichtig: Kidults und „echte“ Kinder
Fokus auf Langlebigkeit: Spielwert und emotionale Wirkung
aut den Prinzipien des Universal Design muss Spielzeug ansprechend gestaltet sein, intuitive Spielmuster fördern, einfach und flexibel zu nutzen sein und vielfältige Spielmöglichkeiten bieten. Deshalb ist die Schaffung von nachhaltigen Werten eines der wichtigsten Leitmotive des modernen Toy-Designs.
Gutes Spielzeugdesign sorgt für werthaltige Produkte durch die Verwendung passender Materialien, durch ansprechende ästhetische und technische Gestaltung und durch passendes Storytelling. Nachhaltig ist ein Spielzeug, wenn es physisch robust und funktional ist und spannende Geschichten erzählt, die den Spielenden dauerhaft zum Spiel auffordern. Wenn der Spielwert eines Toys immer auch aus diesen Perspektiven mitgedacht wird, stärkt das die emotionale Bindung zwischen dem Spielzeug und dem Spielenden.
Gutes Spielzeugdesign bedeutet auch zu versuchen, den Spielwert eines Spielzeugs zu erweitern und zu verlängern, um es so nachhaltiger zu machen. Für die Spielzeugindustrie ist es daher sinnvoll, sich genau anzuschauen, wie mit ihren Produkten gespielt wird, denn so erhält man eine Vorstellung vom empfundenen Spielwert.
Spielen ohne Grenzen
Studien haben gezeigt, dass Nutzer in verschiedenen Altersstufen bei Spielwaren auf unterschiedliche Dinge Wert legen. Während für Kinder die Playability, also die Bespielbarkeit eines Produkts, im Vordergrund steht, ist es bei Erwachsenen eher so, dass sie die Displayability schätzen.
Gutes Spielzeug begeistert sowohl optisch als auch durch das verwendete Material. Toy-Fans haben es gern, wenn sich ihr Spielzeug gut in Szene setzen lässt, fotogen ist und überhaupt gut aussieht. Und bei Plüschtieren kommt noch dazu, dass man gut mit ihnen kuscheln können muss. Keine Unterschiede beim Alter gibt es, wenn es um die Sammelbarkeit und um die Möglichkeit geht, ein Spielzeug nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Als wichtig wird empfunden, dass man als Spielender mehr mit einem Toy machen kann als ursprünglich von den Entwicklern erdacht. Deswegen ist es eine sehr gute Idee, das Prinzip des Open-Ended Play gleich von Anfang an mitzudenken.
Wenn die Prozessschritte Wow, Flow und Glow erfolgreich in einem Spielzeug zusammengeführt sind, liegt die Situation vor, die sich nachhaltig ausgerichtete Spielzeugentwickler wünschen. Und weil Überraschungen immer gerne gesehen werden, kann es auch sinnvoll sein, einen Zusatznutzen in ein Spielzeug einzubauen und dadurch einen zweiten Wow-Effekt oder sogar einen Double-Wow zu generieren. Dafür bietet es sich an, das Produkt mit verborgenen Features auszustatten, die man auf den ersten Blick nicht gleich erkennt.
Fantasie, Magie - und Kreislaufwirtschaft
Letztendlich hängt es natürlich von der Fantasie und Kreativität des Spielenden ab, wie sich ein Spielzeug über die Zeit entwickelt. Der renommierte Spielforscher Brian Sutton-Smith sagt, dass ein Spielzeug die Fantasie anregen und diese Fantasie dann wiederum das Spielzeug wachsen lässt. Deswegen sollte jede nachhaltige Erfahrung mit einem Toy einen schwer bestimmbaren und magischen Bestandteil haben. Die Zauberformel lautet: Rege die Fantasie des Nutzers an und sorge dafür, dass das Spielzeug wieder und wieder verwendet wird.
Diese Zauberformel ist vielleicht sogar wichtiger als alle trockene Designtheorie. Aber trotz allem ist es sinnvoll, sich die Grundelemente des Wow-, Flow- und Glow-Effekts sowie die physischen, funktionalen, mentalen und emotionalen Bestandteile des Spielens zu vergegenwärtigen, denn sie sorgen alle für einen hohen Spielwert bei gleichzeitiger Nachhaltigkeit.
Der immerwährende Kreislauf
Am Ende des Lebenszyklus eines jeden Spielzeugs stellt sich stets die Frage, ob man es wegwerfen oder ihm ein zweites Leben schenken soll. Toys mit dem passenden Glow-Faktor büßen mit der Zeit nicht an Bedeutung oder Status ein und können immer wieder neu bespielt werden. Und selbst am Ende ihres Lebens können sie noch als Rohstoff für neue Spielzeuge dienen – womit wir wieder bei dem immer wichtiger werdenden Gedanken der Kreislaufwirtschaft angekommen wären.
Katriina Heljakka im Toy Business Forum auf der Spielwarenmesse 2025
Sie wollen mehr über die Langlebigkeit von Spielzeug erfahren? Dann kommen Sie zu dem Vortrag von Kati (Katriina) Heljakka „Sustainable toy design and sustainable play cultures“ im Toy Business Forum auf der Spielwarenmesse 2025.
Standort: Halle 3A
Datum: Dienstag, 28.01.2025
Uhrzeit: 15:45 – 16:15
Über die Autorin:
Die Spielzeug- und Spielforscherin Dr. Katriina Heljakka (Doctor of Arts, Ph.D.) von der Universität Turku erforscht Spielzeug sowie die visuellen, materiellen, digitalen und sozialen Kulturen des Spiels. Sie hat zwei Doktorarbeiten zum Thema Spiel verfasst und zahlreiche Publikationen über Spielkulturen veröffentlicht.