Vorreiter für faires Spielzeug: Fair Toys Organisation
von Thomas Tjiang
Bei kuschligen Stofftieren und Spielzeug achten Kunden neben Marke und Preis auch zunehmend auf die Geschichte hinter dem Produkt. Eltern und andere Schenker fragen nach der Herkunft von Spielwaren sowie etwa nach Arbeits- und Menschenrechten oder Umweltbelange, unter denen sie entstanden sind. Daher ist die Initiative der jungen Fair Toys Organisation zukunftsweisend. Denn die Produktsicherheit von Spielzeug ist das eine, das andere sind die begleitenden Arbeits- und Produktionsbedingungen. Für diese Themen erarbeitet die 2020 in der Nürnberger Spielzeugstadt gegründete Fair Toys Organisation (FTO) ein neues, internationales Siegel. Ziel ist es, bei den Herstellern und Händlern der Branche und ihren Kunden Transparenz über Sozial- und Umweltstandards zu schaffen. „Das Thema ist leider noch nicht bei allen in den Köpfen der Branche drin“, konstatiert Steffen Kircher von der FTO
Internationale Vorgaben bestätigen FTO-Ansatz
Bei der Produktsicherheit sind die Hersteller der Branche schon weit gekommen. Nun rücken auch die sozial-ökologische Aspekte in der Spielwarenbranche immer stärker in den Fokus. Immerhin definierte schon vor über 100 Jahren die International Labor Organisation, die älteste Sonderorganisation der Vereinten Nationen (UN), erste Standards für menschenwürdiges Arbeiten. In diesem Jahrtausend geben beispielsweise die „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ oder die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SGD) der UN die Marschrichtung vor. Sie beinhalten beispielsweise keine Armut und kein Hunger, sauberes Wasser oder auch nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen auf der Welt.
EU schafft Pflicht für nichtfinanzielle Berichterstattung
In Europa arbeitet die EU mit Blick auf die Verantwortung der Lieferketten an einer Sorgfaltspflichten-Richtlinie. In Deutschland nimmt bereits mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zunächst größere Unternehmen und mittelbar auch ihre Zulieferer in die Pflicht. Außerdem kommt eine Pflicht für Nachhaltigkeitsberichte (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Diese gilt zwar zunächst nur für größere Firmen, mit einer längeren Frist müssen aber auch viele kleine und mittlere Betriebe, wie sie typisch in der Spielwarenwelt zu finden sind, nichtfinanzielle Berichte erstellen.
FTO erarbeitet praxisnahe Kriterien
Für das für 2023 geplante FTO-Siegel erarbeiten Spielzeughersteller und -händler gemeinsam mit Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen branchenspezifische Kriterien. „Damit wird die eigentliche Produktsicherheit um eine soziale und ökologische Verantwortung ergänzt“, erklärt Steffen Kircher weiter. Dabei wird einerseits das Rad nicht komplett neu erfunden, sondern bereits bestehende und bewährte Audits mitberücksichtigt. Andererseits will das Siegel einen mehrstufigen Weg für die Umsetzung aufzeigen.
Die einzelnen Schritte sehen neben einer Bestandsaufnahme einen jährlichen Maßnahmenplan sowie einen Fair Performance Check durch die FTO vor. Ist dann ein relevantes Niveau erreicht, winkt das künftige FTO-Siegel. „Unser Ziel ist die Machbarkeit für die Mitglieder bei Arbeitsrechten, Löhnen und Umweltschutz“, führt Steffen Kircher weiter aus. Es gehe weniger um Ausgrenzung, als um einen praxisnahen Weg, die Ziele zu erreichen.
Für Kircher bietet sich aus einem FTO-Engagement auch einen zusätzlichen Mehrwert. „Spätestens seit Greta Thunberg ist die Debatte um Nachhaltigkeit bei vielen Verbrauchern angekommen.“ Außerdem beobachtet er bei vielen öffentlichen Beschaffern, wie Schulen oder Kitas, eine neue Einkaufspolitik in Richtung faire und nachhaltige Produkte.
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen
Spielwaren Krömer, mit über 20 Filialen in Süddeutschland, gehört zu den FTO-Gründungsmitgliedern. Eigentümer Christian Krömer wollte „von Anfang an ein Zeichen in der Branche setzen“. Denn die Themen der FTO seien so wichtig, dass man sie angehen müsse. Derzeit nimmt er seine gesamten Prozesse unter die Lupe und hinterfragt sie systematisch. „Mittelfristig besteht die Herausforderung darin, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen.“ Intern hat er schon etliche Themen in Angriff genommen, um zum Beispiel die Umweltfreundlichkeit zu verbessern.
Auch der sigikid-Geschäftsführer Axel Gottstein untermauert als Gründungsmitglied der FTO sein unternehmerisches Engagement. „Die Verbraucher sind grundsätzlich sensibilisiert, die Thematik wird immer wichtiger.“ Er engagiert sich in der Vereinsarbeit der FTO, weil dort Hersteller, Händler, kirchliche Initiativen oder auch das Nürnberger Menschenrechtszentrum an einem Strang ziehen. „Das ist kein Greenwashing.“
Über den Autor
Thomas Tjiang freier Wirtschafts- und Lokaljournalist, Referent und Kommunikationsberater. Seit Anfang der 1990er Jahre hat er für alle Medientypen, wie Tages- und Monatspresse, Hörfunk, TV, Nachrichtenagentur und Online-Redaktionen gearbeitet. Der Literatur- und Kommunikationswissenschaftler lebt seit über 30 Jahren in Nürnberg.