Kreativ-Spielzeug für jedes Alter
Klemmbausteine von Lego und anderen
Von Peter Pernsteiner
Vor 75 Jahren begann das damals noch kleine Unternehmen „LEGO“ mit der Vermarktung seiner ersten Klemmbausteine unter der Bezeichnung „Automatic Binding Bricks“ - übersetzt automatische Verbindungssteine. Sie hatten oben bereits Noppen, waren aber auf der Unterseite noch hohl und verfügten deshalb nur über ein eingeschränktes Klemmvermögen. Zudem waren sie keine echte Eigenentwicklung, sondern entstanden in direkter Anlehnung an die zehn Jahre davor von Hilary Page erfundenen „Bri-Plax“-Noppensteine. Diese wurden aber nur im Vereinigten Königreich als „Interlocking Building Cubes“ patentiert und in den Folgejahren weiter verbessert. Die Automatic Binding Bricks von Lego hatten bereits ziemlich genau die Abmessungen der heutigen Noppensteine. Lego überarbeitete sie dann ab 1955 umfassend und entwickelte für die Unterseite eine geniale Idee zur Verbesserung der Klemmhaftung. Am 21. Januar 1959 erhielt das Unternehmen schließlich das Patent für die heute milliardenfach bewährten Lego-Klemmbausteine.
Lego-Geometrie für unendliche Kombinationen
Der wohl bekannteste seinerzeit patentierte Lego-Stein hat ein Grundmaß von knapp 16 x 32 mm bei einer Höhe von 9,6 mm. Darauf befinden sich acht Noppen mit knapp 5 mm Durchmesser und 1,8 mm Höhe inklusive Lego-Schriftzug. Dank drei röhrenförmigen Stegen an der Unterseite lassen sich die Steine auch seitlich versetzt mit guter Haftkraft ineinanderstecken. Damit aber nicht genug, denn die drei Röhren des 2x4-Steins sind so konstruiert, dass darin die Noppen von schmalen 1x1-, 1x2- oder 1x3-Steinen klemmen können. Deshalb lassen sich Lego-Steine sogar um eine halbe Noppe versetzt zusammenstecken. Seit 1963 werden die Steine aus ABS-Kunststoff gefertigt und im selben Jahr kamen auch die ersten flachen „Drittelelemente“ auf den Markt. Sie haben ohne Noppen 3,2 mm Höhe. Damit sind drei flache Legosteine exakt so hoch, wie ein normaler Stein. Auch dies erweiterte die Kombinationsmöglichkeiten von Lego gewaltig. Schließlich sollten noch die flachen ebenfalls 3,2 mm hohen Kachelsteine erwähnt werden, die für einen glatten Steinabschluss nach oben sorgen.
Es folgten viele weitere Ideen, wie 1965 die LEGO-Eisenbahn, 1970 das Zahnrad, 1978 die ersten LEGO-Minifiguren und 1998 der erste programmierbare Stein unter dem Namen LEGO MINDSTORMS. Längst ist Lego aus dem Zeitalter des reinen Kinderspielzeugs hinausgewachsen. Mit immer mehr Bausets werden Erwachsene als Kundengruppe avisiert. Deshalb ist auf so manchen bunten Kartons inzwischen deutlich sichtbar „18+“ vermerkt. Mit dem neuesten Set des „LEGO IDEAS“-Sortiments lässt sich beispielsweise ein wunderschön gestaltetes 22 cm hohes Gewächshaus auf zwei knapp 26 x 26 cm große Noppenplatten bauen. Das Set „Der botanische Garten“ besteht aus nicht weniger als 3792 Elementen. Mit ihnen lassen sich drei Atrien und ein Garten bauen, die mit 35 verschiedenen Pflanzenarten garniert werden. Im Hauptatrium gibt es sogar eine Wendeltreppe, die zu einer Aussichtsplattform führt. In den beiden kleineren Atrien sind ein Trockengarten mit Kakteen und ein Café. Zur Abrundung enthält das Set zwölf LEGO-Minifiguren und diverse Tierfiguren.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Das Patent auf den klassischen Lego-Stein ist inzwischen seit mehr als vier Jahrzehnten ausgelaufen. Kein Wunder also, dass jedes Jahr auf der Spielwarenmesse neben Lego zahlreiche weitere Firmen entsprechende Sets präsentieren - kompatibel zu den Lego-Steinen und ebenfalls mit einem Rastermaß von 8 x 8 mm. Sie heißen beispielsweise bei Mattel „MEGA“, bei Simba „BLOX“, beim polnischen Hersteller Cobi einfach nur „COBI“ und das noch junge Unternehmen Dark Side Bricks hat seine Klemmbausteine nach dem früheren Firmennamen „Kiddicraft“ des Erfinders der Bri-Plax-Noppensteine benannt. Einige Hersteller verwenden heute neben Standard-Klemmbausteinen auch verschiedenste selbst entwickelte Steinformen, um ihre Produkte vorbildgerechter erscheinen zu lassen. So hat Cobi für sein knapp 100 mm langes Nostalgie-Automodell des legendären Kleinwagens Trabant 601 aus Ostdeutschland beispielsweise extra für die Heckpartie, die Front und die Fenster individuelle Klemmbausteine konstruiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Sets zahlreicher Hersteller müssen bei diesem Auto nicht einmal Aufkleber angebracht werden, weil die entsprechenden Kunststoffspritzguss-Teile ab Werk sogar entsprechend bedruckt sind – und dies, obwohl das Set aus 71 Teilen nur einen Listenpreis von knapp 15 Euro hat.
Bei Automodellen geht es auf Wunsch viel größer. So misst der aktuelle aus 3893 Teilen bestehende McLaren P1 aus dem Lego-Technic-Programm stolze 59 cm. Neben Autos bedienen die Hersteller auch viele andere Themenwelten, wie Baumaschinen, Eisenbahnen, Feuerwehren, Flugzeuge, Lastwagen, Schiffe oder Science-Fiction. Das größte aktuell lieferbare Star Trek-Set von Blue Brixx ist ein 102 cm breites Raumschiff-Gemälde aus 3744 Teilen. Es wurde in Anlehnung an das Kunstwerk in Captain Picards Bereitschaftsraum realisiert. Seit ziemlich genau 25 Jahren hat sich Lego zum Thema Star Wars eine gigantische Fangemeinde aufgebaut. Eines der momentanen Highlights ist hier der 83 cm lange Millennium Falcon aus 7541 Teilen. Neben Technik-Fans adressieren viele Hersteller auch Fantasy-Themen wie DC-Superhelden, Dinosaurier, Harry Potter, Marvel oder Piraten. Eine große Fangemeinde freut sich inzwischen auf Pflanzen in allen Variationen – vom Blumenstrauß über den Bonsaibaum bis hin zu Orchideen im Blumentopf. Dabei müssen es nicht immer Standard-Steine im 8-mm-Raster sein. So gibt es unter der Bezeichnung „LOZ mini“ verkleinerte Noppen-Klemmbausteine mit einem Rastermaß von 6x6 mm. Die lilafarbene Blumenstrauß- Geschenkbox „Specially Love“ braucht im Regal eine Standfläche von 15 x 10 cm und besteht aus aus 1179 Steinen. Wer es kleiner liebt, kann beispielsweise aus 426 Mini-Steinen von LOZ einen blühenden Bonsai zusammenbauen.
Architekturmodelle in allen Größen
Klemmbausteine gibt es inzwischen sogar noch kleiner. Die „Diamond“-Steine haben ein Rastermaß von lediglich 4x4 mm und werden beispielweise von BlueBrixx, Lezi, LiMei Toys, LOZ oder MoYu angeboten. Allerdings sind Steine in dieser Größe eine echte Herausforderung und Geduldsprobe für Erwachsene. Der Suzhou Garten nach chinesischem Vorbild kommt von der Lezi-Marke Zhe Gao. Er besteht aus 3930 Noppensteinen. Die aus mehreren Teilen zusammengebaute Grundplatte benötigt eine Fläche von 40 x 24 cm und das höchste Gebäude misst inklusive Platte 14 cm. Nicht nur im Diamond-Format, sondern auch im Mini-Format und bei den Standard-Steinen im Lego-Rastermaß gibt es mittlerweile unzählige Architektur-Sets. Eindrucksvolle Beispiele in Standardgröße sind der 83 cm lange Buckingham Palast von CaDA aus 5604 Teilen, die 61 cm lange Burg Hohenzollern von BlueBrixx aus 8933 Teilen und der aus 10001 Teilen bestehende 149 cm hohe Eiffelturm von Lego.
Sowohl für Gebäudemodelle als auch für beliebige andere Spielwelten stellt sich oft die Frage, wie sie nachträglich beleuchtet werden können. Hierzu bietet Open Brick Source seit geraumer Zeit transparente Stax-Leuchtbausteine, die sich ganz einfach mit Lego- oder anderen kompatiblen Klemmbausteinen kombinieren lassen. Jeder Leuchtstein enthält eine LED und in der Regel in jeder Noppe zwei elektrische Kontakt-Pins sowie an der Unterseite in jedem Noppenloch zwei Kontaktflächen. Zur Stromversorgung dient ein Power Base Stein mit 4x4 Noppen und integriertem Akku oder ein Power Brick Stein mit 2x4 Noppen und USB-Buchse. Sowohl Leuchtsteine als auch flache Connectoren mit Kontakten an der Unterseite dienen bei diesem Konzept für eine flexible Stromübertragung. Außerdem gibt es beispielsweise Winkel-Noppensteine, mit denen sich Frontbeleuchtungen realisieren lassen, sowie Noppensteine mit Verbindungkabel in unterschiedlichsten Längen. Ebenfalls für den Gebäudebau interessant sind fotorealistisch bedruckte Bauplatten von Open Brick Source. Sie haben 32x32 Noppen (25,6x25,6 cm) und können im Gegensatz zu vielen anderen Bauplatten auch von unten mit Noppensteinen verbunden werden. Als Neuheit gibt es jetzt auch personalisierte Bauplatten mit individuellem Foto auf der Oberseite. Die Platten sind in sieben verschiedenen Grundfarben verfügbar. Sie werden in nur 5 bis 7 Werktagen in Deutschland bedruckt und geliefert – auch in Einzelfertigung oder als zusammengesetztes größeres Motiv mit 1x2, 2x2 oder 2x3 Bauplatten.
Über den Autor
Peter Pernsteiner entdeckte mitten im Elektrotechnik Studium seine Liebe zum Technik-Journalismus und landete bald danach in der Redaktion einer großen ITK-Fachzeitschrift. Seit 1994 schreibt er als freier Journalist insbesondere über Technik-Themen – unter anderem für Magazine im Bereich Modelleisenbahn. 2016 startete er zudem einen YouTube-Kanal für Technikreportagen, der inzwischen weltweit Beachtung findet.