Partyspiele für den Silvesterabend
Gut beraten für den Neujahrseinstieg
von Peter Neugebauer
Partyspiele sind vielfältig und kurzweilig: Oft wird spontan Kreativität gefordert, spaßig herumgeblödelt oder recht trickreich Wissen abgefragt.
Partyspiele unterscheiden sich durch zwei Merkmale von den üblichen analogen Spielen. Sie sind in großer Runde, bis zu acht Personen oder mehr spielbar. Manchmal müssen Teams gebildet werden. Bisweilen allerdings reicht das Spielmaterial nur für fünf oder sechs Spieler, aber das sind Ausnahmen. Und dann sind Partyspiele kurz in der Regel. Die Gruppe kann nach knapper Erklärung sofort loslegen. Ja manchmal können Spieler während der Partie noch einsteigen oder während einer laufenden Runde das Geschehen verlassen, ohne dass der Ablauf kippt. Das sind echte Vorteile für eine gesellige Party-Runde.
Klassisches Quizzen
Let‘s Swing. „Hitster“ in all seinen Varianten gilt als angesagtes Partyspiel der letzten Jahre. Jetzt setzt Jumbo mit Hitster Bingo noch eine Idee obendrauf. Nun blinkt und kreiselt eine Discokugel und bestimmt die Kategorie, z. B. „Jahrzehnt“. Aus welcher Dekade stammt der Song? Ein Kärtchen wird gezogen, der QR- Code gescannt und Spotify lässt auf dem Handy das Lied erklingen. Alle notieren die hoffentlich richtige Antwort. Ist sie korrekt, gibt es ein Kreuz auf dem Bingo-Board. Bei fünf Markierungen in einer Reihe steht der Sieger fest. Auf der Rückseite des Plans gibt es schwierigere Kategorien für die Musik-Profis. Das Spiel passt sich dem Niveau der Gruppe an. Ganz nebenbei wird bei der Musik mitgeswingt und in Erinnerungen geschwelgt.
Einfach drauflos raten. Das Quizspiel 30 Seconds von Denkriesen besticht durch Minimalismus im positiven Sinn. Die Spieler gruppieren sich zu Teams. Abwechselnd ist ein Mitglied der Erklärer. Er muss während 30 Sekunden-Sanduhrlänge bis zu fünf Begriffe einer Vorgabekarte seinen Leuten verdeutlichen. Die Reihenfolge ist frei wählbar. Je mehr erraten wird, desto weiter rückt der Zählstein auf der Punktleiste vor. Danach ist ein anderes Team mit einer anderen Aufgabenkarte am Zug. Das schnelle Erfassen und Erklären sowie blitzschnelle Antworten treiben das Ratespiel voran. Gut ist, wenn in den einzelnen Gruppen möglichst viele Personen mitmachen. Material gibt es für 16, 20 oder gar 24 Personen. Die zu erratenden Begriffe entspringen allen Genres und sprechen mehrere Generationen an. Auch das macht das Spiel besonders.
Raten auf neuem Niveau. Nach den Quiz-Longsellern der letzten Jahrzehnte wie Trivial Pursuit oder Bezzerwizzer wird in Kwiz von Asmodee das klassische Frage- und Antwortspiel modern interpretiert. Die Kategorien sind vielfältig. Jede Gruppe schätzt ihren Wissensstand, denn zu den Vorgaben gibt es zehn unterschiedliche Schwierigkeitsstufen. Bei richtigen Antworten kommt man gemäß seiner Mutmaßung nur gering oder gar weit vor. Bis zu zehn Schritte sind möglich. So kann ein Team aufholen, vorpreschen oder immer wieder kläglich scheitern. Die Auswahl der Fragen entwickelt eine spannende Eigendynamik. Das Spiel hat genügend viele Fragekarten. Es verzichtet aber auf einen Plan, der ist das Innere des Schachteldeckels. Auch gibt es keine Sanduhr, da einen Timer auf dem Handy sowieso jeder dabeihat. Selbst Figuren fehlen, man soll sich mit Lippenstift, Münze, o.ä. behelfen. Das ist frech oder doch schon wieder genial?
Von 1 bis 100 skalieren. Jeder bekommt bei ito von HeidelBär geheim eine Zahlenkarte zugeteilt. Dann wird eine zufällige Vorgabe aus einem großen Pool vorgelesen, z.B.: Wen oder was rette ich aus einem brennenden Haus? Gemäß der zugelosten Zahl gibt jeder eine Antwort und legt seine Karte verdeckt mit der eigenen Farbmarkierung in die Tischmitte. Kooperative Aufgabe ist es nun, die verdeckt liegenden Zahlen in numerischer Folge richtig zu sortieren. Wenn die Werte stark differieren, ist das Unterfangen leicht. Bei einer engen Taktung ist die Freude groß, wenn es geklappt hat. Bei genannter Frage dürfte die Antwort „Meine Mutter“ wohl sehr weit oben angesiedelt sein. „Das eigene Handy“ könnte je nach Antwortgeber sehr unterschiedlich eingereiht sein. Daran entzünden sich Nachfragen und eventuell auch Diskussionen. Das ist so gewollt.
Zeichenspiel für Nichtkönner. Kooperativ wird Krakel Orakel aus dem frechverlag gespielt. Jeder bekommt eine Kritzeltafel. Diese sieht aus wie ein Schnittmuster, denn Linien durchstreifen kreuz und quer das Whiteboard. Dann erhält jeder Mitspieler einen geheimen Begriff und krakelt diesen auf seine Tafel, und zwar immer entlang der vorgegebenen Linien. Alle Kärtchen werden gesammelt, mit genauso vielen Fake-Begriffen ergänzt, gemischt und offen ausgelegt. Nach dem Gekrakel folgt das Orakeln. Die Fake-Antworten müssen erspürt werden. Es ist erstaunlich, wie häufig im Schnittmuster richtige Linienführung erkannt wird, auch wenn sie noch so reduziert ist. Wer es schwerer möchte, wählt aus den wesentlich anspruchsvolleren abstrakten Vorgaben.
Fingerspiele. Mattel ist mit If You Were am Start. Es gibt zwei Zugriffe, bei denen es durchaus etwas knistern kann. Entweder wird eine einzelne Vorgabe gegeben, z.B.: Wenn wir alle Fische wären, wer wäre der Piranha? Dann wird heruntergezählt und alle deuten gleichzeitig mit ihrem Zeigefinger auf einen Spieler. Oder es werden fünf Alternativen mit einer Frage gekoppelt, z.B. wird nach einer sexy Comicfigur gefragt. Ist es Shrek, SpongeBob, Marge Simpson oder gar eine andere? Wieder zeigen alle gleichzeitig mit der Anzahl an Fingern, welche individuelle Einschätzung man abgibt. In beiden Fällen wird für die meisten Tipps ein Punkt vergeben. Und anschließend wird diskutiert, wenn jemand daneben lag. Ein Spiel, um sich neu oder vertiefend kennenzulernen.
Gedanken lesen? Sicher nicht. Als übersinnliches Kartenspiel bezeichnet Perdix SpieleMedium. Eine große Runde versammelt sich um den Tisch und immer sind zwei Nachbarn gefordert. Der eine spielt eine Handkarte mit einem Begriff, z.B. „Flughafen“, und bestimmt so ein Thema. Der zweite ergänzt seinerseits eine Handkarte, vielleicht „Eule“, um eine Assoziation zu ermöglichen. Beide zählen von 3 auf 1 herunter und nennen dann gleichzeitig ihren Gedankenblitz zu beiden Begriffen. Dass „Fliegen“ genannt wird, ist gar nicht unwahrscheinlich. Missglückt der Versuch, hat das Duo noch einen zweiten oder gar dritten Versuch. Für richtige Assoziationen gibt es Punktchips. Manchmal stehen die zwei Spieler auf dem Schlauch, aber wenn es gelingt, ist Freude bei den Beteiligten und Anerkennung bei den Zuschauenden groß. Emotionen sind wichtiger als das abschließende Punktezählen. Mit spirituellen Gedankenverknüpfungen hat das Spiel also nichts zu tun.
Blickwinkel entscheidet. Haba macht in Point ofView vieles neu. Bis zu vier Einzelspieler oder Spielerpärchen sitzen um den Tisch. Jedem sind eine Himmelsrichtung und ein entsprechender Faltplan zugeordnet. Die Pläne zeigen eine wuselige Inselszene nach dem Absturz eines Flugzeuges, allerdings aus der jeweils unterschiedlichen Perspektive. Und genau darin liegt die Spielaufgabe. Der Westen hat einen anderen Blick auf die Szenerie als der Süden, usw. Es gilt, einen Stapel mit etlichen Fragekarten, die man sich durch eine App vorlesen lassen kann, abzuarbeiten. Diese können zumeist nur im Verbund beantwortet werden. Zum Beispiel können manche Inschriften an Hausfronten nur um die Ecke entschlüsselt werden. Kommunikation und Kooperation ist alles. Das ist spannend und anspruchsvoll zugleich. Wenn schwierige Fragen gemeistert werden, an denen sich alle Himmelsrichtungen beteiligen mussten, ist die Genugtuung besonders hoch. Einige Kartenpacks mit gänzlich anderen Fragestellungen tauchen in die Welt der Wimmelszenerien dieser „Lost Places“ ein. Ein echtes Abenteuer, vier Mal erlebt.
Fun am Tisch
Gefahr im Vollzug. Zwei Spieler oder Gruppen spielen gegeneinander. Bei Danger Danger von Exploding Kittens, Vertrieb Asmodee, legen die gegnerischen Gruppen abwechselnd eine Zahlenkarte bei sich oder beim Gegenüber ab. Das ist nicht beliebig, sondern folgt der Regel, dass die Karten nur in Zahlenfolgen gespielt werden dürfen. Dabei versucht jedes Team, die meisten Koffer-Symbole bei sich zu versammeln. Wurde das mit genügend Abstand zum Gegnerteam erreicht, sollte man aus der Runde aussteigen. Nach schon 60 Sekunden ist Schluss. Schaffen es die anderen nicht, ihre Koffer-Auslage hochzuschrauben bevor der Timer akustisch das Ende signalisiert, hat man gewonnen. So kommt es nicht nur auf gutes, glückliches Kartenspielen an, sondern auch auf richtiges Zeitgefühl. Das ist das Spannende und von der Spielaufgabe neu. Ein Feeling für eine heruntertickende Minute punktgenau zu treffen, ist nicht einfach. Erst recht nicht in großer Runde. Das Spiel ist auf Serie angelegt, so dass sich die zwei Gruppen mehreren Herausforderungen stellen müssen.
Sprechgesang mit Samtpfoten. Die Spielgruppe erhält bei Miezekatze von der Edition Spielwiese, Vertrieb durch Huch! eine Aufgabenkarte mit simplen Anweisungen, z.B. einen Fist Bump mit seinen beiden Sitznachbarn zu erledigen. Danach kommt die nächste Verpflichtung, etwa mit den Fäusten auf die eigene Brust zu trommeln. Allerdings muss die erste Aufgabe zuvor noch einmal wiederholt werden. Das setzt sich fort, bis es sieben, acht Spielchen gibt, die die Runde durchdeklinieren muss. Dann passieren Fehler. Das alles ist nicht weltbewegend. Deshalb wird das Memo-Spiel mit einem Sprechgesang ergänzt. „Miezekatze Miezekatze“ lautet der Rhythmus, der bei allem Tun von allen intoniert werden muss. Dabei swingt jeder leicht mit dem Oberkörper und erfüllt während des Miezekatze-Singsangs die Miniaufgaben. Zum Abschluss jeder Sequenz wird diese mit einem selbstgewählten Schlussakt abgeschlossen. Vielleicht ist es die La-Ola-Welle? Das alles ist crazy aber auch funny. Erwachsene schunkeln im Miezekatze-Reigen immer und immer wieder. Das groovt ungemein und erzeugt eine positive Stimmung.
Aus OMG wird OMP. Die Tauben sind los. Oh My Pigeons von Ravensburger ist ein Funspiel ohne große taktische Tiefe aber mit viel Schadenfreude. Jeder hat zu Beginn eine Parkbank. Drei kleine Taubenfiguren hocken auf Sitzfläche oder Rückenlehne. Neun Vögel will der Sieger bei sich versammeln. Mit einem einfachen Kartenmechanismus kommt Bewegung in den Taubenschwarm. Sie flattern unstet nach links oder rechts oder kommen vom Pool in der Tischmitte aufs Geländer. Manchmal wechseln gar die Bänke den Besitzer. Und als Überraschungscoup gibt es den Taubenschiss, der noch einmal vieles durcheinanderwirbelt, oder auch nicht. Es geht hin und her und wer sich als Sieger wähnt, wird häufig noch abgefangen. Hier stehen Spaß, etwas Geschicklichkeit und sehr viel Ungerechtigkeit im Vordergrund. Zum Glück gurrt das Spiel schnell und unkompliziert vor sich hin und will gerne in Serie gespielt werden.
Selten dämlich. Wahrlich, Ich habe fertig von Pegasus ist ein Kartenlegen der verrückten Art. Jeder hat lediglich die Option, eine Karte vom Stapel zu ziehen oder eine Handkarte auszuspielen. Diese kommt in die eigene Auslage, um die Kartenbilder „Ich“, „habe“, „fertig“ zu arrangieren und so (vielleicht) zu gewinnen. In der Regel gehört eine ausgelegte Karte aber auf den Ablagestapel und wird abgehandelt. Dabei passieren die unmöglichsten Verpflichtungen, die keinesfalls gespoilert werden dürfen. Das erzeugt tatsächlich grenzenlosen Spaß. Nach ein paar Partien, wenn alle Karteneffekte bekannt sind, verpufft etwas der Enthusiasmus des ersten Augenblicks. Trotzdem, 72 bzw. 71 oder 70 Karten (diese Angabe ist bewusst kryptisch) garantieren viel Schmunzeln oder gar lautes Lachen, aber niemals taktische Spieltiefe.
Über den Autor
Peter Neugebauer ist ein „Spielkind“ durch und durch. In früher Kindheit wurde er durch seine Eltern ans Brettspiel herangeführt. Spiele als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk waren obligatorisch und stets gern gesehen. Er hörte auch während des Studiums oder während seiner Berufsjahre nicht auf zu spielen. Schon früh rezensierte er Neuheiten, zunächst in reinen Fachzeitschriften, dann auch in Tageszeitungen und seit fast 40 Jahren in Branchenmagazinen. Ohne Spielen geht’s bei ihm nicht.