Puky 2.0: Menschen machen Marken
Die Geschäftsführer Britta Sieper und Marc K. Thiel im Gespräch
Von Sibylle Dorndorf
Topsharing ist ein Zukunftsmodell. Der geteilte Chefsessel erfreut sich mehr und mehr großer Beliebtheit, nicht nur in Familienunternehmen. Bei Puky führen Britta Sieper und Marc K. Thiel seit 2023 die Geschäfte gemeinsam – bei klarer „Gewaltenteilung“. Britta Sieper, seit 2021 Puky-GF, verantwortet die technischen Geschäftsbereiche wie Fertigung, Montage, Logistik und Einkauf. Marc K. Thiel bringt Expertise in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Verwaltung ein.
Ein Team mit Strahlkraft: Im April 2024 wurde Britta Sieper in den ZIV-Vorstand (Zweirad-Industrie-Verband) berufen. Sie bedankte sich für das Vertrauen mit den Worten: „Das Fahrrad bringt den Menschen viel Freude und gesunde, umweltschonende Mobilität in einem faszinierenden Produkt.“ Eine gelungene Überleitung zum Gespräch und dem ersten Themenkomplex:
Mobilität muss Spaß machen
Kinder sind von klein auf mobil: Im Alter zwischen fünf und zehn Jahren legen sie durchschnittlich 22 Kilometer am Tag zurück, bei den 14- bis 17- jährigen sind es Studien zufolge bereits 30 Kilometer. Die Mehrzahl ihrer Wege fahren Kinder allerdings im Auto mit. Das ändert sich gerade. Die Mobilität junger Familien ist mehr denn je auf alternative Fortbewegungsmittel ausgelegt. Junge Eltern versuchen, Kindern so früh wie möglich Angebote zu machen, sich selbstständig fortzubewegen. Das erste Fahrzeug oder Fahrrad markiert den wichtigen Schritt in ein selbstbestimmteres Leben…
Britta Sieper: Bewegung war und ist bei Kindern ein wichtiges Thema. Nicht nur als Ausgleich zu digitalen Angeboten. Die veränderten Lebensgewohnheiten nach der Pandemie sowie der Klimawandel haben den Fokus noch deutlicher auf eine neue, umweltverträgliche Art der Mobilität gelegt.
Bei Puky haben wir seit 75 Jahren das Thema Bewegung für Kinder und motorische Entwicklung im Fokus. Mit unseren Produkten erweitert sich der Bewegungsradius des Kindes, es kommt Schritt für Schritt Geschwindigkeit ins Spiel und es bleiben tolle Erlebnisse. Das begeistert Kinder und treibt sie zur Bewegung an. Die Motorik entwickelt sich vom Laufwagen für die Einjährigen bis hin zum Fahrrad der etwa 13-Jährigen.
Generell kann man sagen, dass Familien, die gerne in Bewegung und gerne gemeinsam unterwegs sind, die Vorlieben der Kleinen am stärksten prägen. Mit unseren Produkten bieten wir die Möglichkeit, bei der Bewegung viel Spaß zu haben und das bereits in den sehr frühen Entwicklungsphasen.
Selbstverständlich nachhaltig
Der Aspekt der Nachhaltigkeit in allen denk- und machbaren Aspekten bestimmt immer mehr die Kaufentscheidung für ein Produkt …
Britta Sieper: Das Thema Nachhaltigkeit muss man von unterschiedlichen Blickwinkeln aus betrachten. Wir fertigen in Deutschland und Europa, beziehen einen nennenswerten Teil der Materialien aus Europa und versuchen so, nah an unserem Kernmärkten zu sein. Qualität ist für uns als renommierte Marke das A und O. Wir achten durch besonderes Design und Prüfungen darauf, dass unsere Produkte sicher sind und den Anforderungen der robusten Nutzung durch Kinder gerecht werden. Nicht zuletzt in unserem eigenen Prüflabor, in dem wir alle Produkte mechanisch komplett durchchecken.
Marc K. Thiel: Qualität und Sicherheit sind nach den von uns beauftragten Umfragen immer noch die beiden top Argumente für den Kauf von Kinderrädern. Schön, dass Puky hier ein Garant für Qualität und Sicherheit ist, was unter anderem unsere Langlebigkeit und auch die hohen Wiederverkaufswerte im Zweitmarkt belegen. Kinderräder der Marke Puky erleben ohne Probleme drei Kindergenerationen, das bedeutet, unsere Modelle haben eine Lebensdauer von zehn Jahren.
Innovative Technik begeistert
Mit der Pandemie und der Klimadiskussion stieg die Affinität zu alternativen Fortbewegungsmitteln. Auch die Absatzzahlen von E-Bikes schnellten in die Höhe…
Marc K. Thiel: Kinder E-Bikes machen dann Sinn, wenn die Eltern oder Großeltern ein E-Bike fahren. Bei einem Familienausflug sind die Kinder das ohnehin „schwächste Glied“ und dann sorgt ein E-Bike für Kinder sicherlich für mehr gemeinsames Erlebnis. Der Trend und die Verfügbarkeit von E-Kinderrädern sind noch in den Anfängen, aber die Nachfrage und das Interesse wachsen zusehends. Mit unserem Eightshot „Loamer 24“ haben wir auf der Euro Bike unsere neueste Entwicklung dazu im Bereich MTB vorgestellt.
Neue Markenkommunikation mit Aussagekraft
Die Message „Ready for Life“ signalisiert, dass Puky langfristig mehr als „nur“ die Produktion von Rädern im Auge hat, was durchaus Sinn macht, denn Kinder begegnen heute ganz anderen Herausforderungen als früher…
Marc K. Thiel: Der neue Slogan „Puky – Ready for Life“ soll vor allem zeigen, dass Puky bereit ist für das „echte und wirkliche Leben“. Wir wollen weg von der heilen, schönen, bunten und sorgenfreien Welt der Werbeindustrie, hin zu dem, was wir alle tagtäglich wirklich mit unseren Kindern erleben – den Alltag mit allen Tücken und Herausforderungen. Auf letztere reagieren wir schon immer proaktiv. Sei es, dass wir die Räder mit mehr Reflektoren ausstatten, oder jetzt erstmalig eine Automatik im LS Pro 18 Flowmatic anbieten. Hier schaltet das Rad automatisch ab 8 km/h in den nächsten Gang und darunter wieder zurück, ohne dass das Kind beim Fahren durch notwendige Schaltmanöver abgelenkt wird.
Achtung Helikopter-Eltern
Der Lebensstil der Eltern prägt auch die Kinder. Perfektionistische Helikopter-Eltern werden den Bewegungs- und Freiheitsdrang der Kleinen nicht unbedingt fördern…
Marc K. Thiel: Wir wissen aus 75 Jahren Erfahrung im Bereich der Kindermobilität, dass das Schulen von Gleichgewicht und Bewegung ein Garant dafür ist, dass Kinder sicherer und selbstbewusster werden und damit auch potenziellen Gefahren im Straßenverkehr gegenüber besser gerüstet sind. Wir empfehlen daher jungen Eltern, Kinder möglichst früh auf ein Laufrad zu setzen und es seine eigenen ersten Erfahrungen in punkto Kraft, Geschwindigkeit, Balance und vor allem Spaß machen zu lassen. Fährt ein Kind sicher und gut Laufrad, dann ist der Umstieg auf das Fahrrad automatisch einfach und erfordert auch fast nie Stützräder.
Teilhabe und Inklusion
Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder mobilen Einschränkungen fahren Puky…
Britta Sieper: Puky hat durch die unterschiedlichen Produkte und Geometrien eine Auswahl, die vielen Kindern gerecht wird. Die Kinder sollen sich auf den Produkten sicher fühlen und mit dem Rad intuitiv klarkommen, damit sie sich auf all die anderen Dinge um sie herum konzentrieren können. Je nach dem individuellen Bedürfnis des Kindes wird eine Verstellung an Sattel und Lenker vorgenommen, aber auch die Entwicklung der Balance ohne Pedale gefördert.
Marke steht für Qualität
Beim ersten Fahrrad achten Eltern auf Qualität und Marke. Puky Räder geben ein Markenversprechen…
Marc K. Thiel: Das Markenversprechen von Puky ist unverändert. Wir stehen nach wie vor für leichte, sichere, modernste Räder in hoher Qualität und mit langer Lebensdauer. Die Marke selbst haben wir sozusagen entstaubt. Neben einem modernen Signet haben wir uns auch einen neuen Slogan – Ready for Life – zugelegt, der unsere Produktkompetenz im alltäglichen Einsatz der Fahrzeuge unterstreicht.
Und natürlich ist die sich immer schneller verändernde Art und Weise der Kommunikation auch bei uns im Haus ein sehr wichtiges Thema. Neben Instagram schauen wir uns auch bei TikTok und anderen Plattformen um. Auch das Thema Influencer Marketing diskutieren und analysieren wir und setzen auf den direkten Kontakt zu unseren Kunden und Followern.
Handel ist Wandel
Ein Kinderfahrrad kauf man wohl kaum im Internet, sondern man geht zum Händler seines Vertrauens…
Marc K. Thiel: Wir legen viel Wert auf gute Partnerschaft mit dem Handel und bieten unseren Partnern Point of Sale Material für ihre Geschäfte an. Seit Mai dieses Jahres betreiben wir einen Pop Up Store in Berlin Mitte, wo wir die Marke Puky neu, modern und reduziert präsentieren. Wir nutzen den Store auch, um Händlerpräsentationen und Neuheiten-Previews durchzuführen, initiieren aber auch Diskussionsrunden mit Vertretern aus der Lokalpolitik oder dem Verkehrsministerium. Zukünftig werden wir unseren Händlern auch Shop-in-Shop Systeme anbieten. Wir setzen auf Markenkooperationen am POS und gemeinsame Aktionen mit engagierten Händlern, denn vom Umsatzanteil ist der stationäre Handel nach wie vor für uns der wichtigste Partner.
Material und Produktion
Nicht nur im Zuge der Nachhaltigkeitsdiskussion stehen neue Materialien und eine Optimierung der Produktionsprozesse im Fokus …
Britta Sieper: Bei uns findet sich eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Fertigungseinheiten. In den Fertigungszellen haben wir mittlerweile zum Teil auch Roboter im Einsatz, die im Gesamtprozess der Rahmenherstellung Hand in Hand arbeiten. Flexibilität ist für uns die Antwort auf die aktuellen Marktanforderungen. Gestaltung und Materialeinsatz sind dabei das A und O. Gerade beim Material hat sich viel getan. Die Sparte der leichten Aluräder in unserem Sortiment ist deutlich gewachsen. Auch bei den Verpackungen greifen wir auf alternative Materialien zurück und verzichten, soweit es geht auf die Verwendung von Kunststoffen.
Die Genderdiskussion
To gender or not to gender? Das ist hier die Frage…
Britta Sieper: Genderneutralität, ja! Es ist wichtig, unterschiedliche Farben im Sortiment zu haben, um den Geschmack von Kind und Eltern zu treffen. Da findet sich je nach Produkt im Sortiment von hellgelb bis schwarz eine bunte Auswahl. Entsprechend der Produktart und des Sortimentsbereiches.
Marc K. Thiel: Farben müssen alle begeistern und wir folgen dem Trend, der oft aus der Auto-, oder verwandten Industrien kommt. Dann gibt es selbstverständlich die Klassiker, in unserem Fall das Laufrad LRM im Puky Rot. Wir verwenden Trendfarben und trauen uns an neue Looks heran wie sehr dunkle Farben, die durch farbige Deko eine besondere Aussage und einen coolen Style bekommen.
Im Bereich „Custom“ punkten wir durch Produkte in den Farben der Auftraggeber. Wir werden von großen Unternehmen bis hin zu Sportvereinen für Sonderserien angefragt und haben durch unsere eigene Pulverei und Lackiererei ein großes Alleinstellungsmerkmal und unzählige Möglichkeiten.
Über die Autorin:
Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.