Mehr Zeit für Kinder – der Name ist Programm
Bewegung, Ernährung, Entspannung – so engagieren sich Healthy Heroes für Kinder
Von Sibylle Dorndorf
Den Verein Mehr Zeit für Kinder e.V., kurz MZFK, gibt es seit 1989. Für damalige Verhältnisse – vor Zeiten des Internets und SmartPhones – schien die Spielwarenwelt noch in Ordnung. Die Zielsetzung der Gründungsunternehmen erschien dem entsprechend visionär.
Lego, Ravensburger, Märklin, Mattel, die Vedes und idee+spiel, hatten sich zusammengetan, um Familien zu motivieren, mehr gemeinsame Zeit zu verbringen. Miteinander zu spielen, etwas zu unternehmen, Freizeit bewusst zu gestalten. Das Projekt wurde erst einmal milde belächelt, schien es sich doch um Selbstverständlichkeiten zu handeln. Rückblickend muss man die Weitsicht der Gründer bewundern. Der mediale Overload stand noch in den Sternen und damit die wachsende Bedeutung der bewussten Schaffung einer interfamiliären Quality time. Der TV-Konsum von Kindern war so ungefähr das einzige wirkliche, wenn auch heiß diskutierte Problem, abgesehen davon, dass es immer Couch Potatoes gegeben hat und geben wird.
DVSI und MZFK: Gemeinsame Projekte und Ziele
Der Verein Mehr Zeit für Kinder definierte für sich in den Anfangsjahren viele Betätigungsfelder. Man nahm sich gesellschaftlich relevanter Themen an und konzipierte Projekte als Problemlösung. Die Initiativen wurden in die breite Gesellschaft getragen. Simone Linden wurde als Geschäftsführerin damit betraut, diese Konzepte zu entwickeln, in der Praxis zu erproben und voranzutreiben. Schon frühzeitig erkannte sie die Wichtigkeit, mit Kitas und Schulen als Multiplikatoren zusammenzuarbeiten: „Um die kollektive Bildung junger Menschen zu stärken, definieren wir Themen, konzipieren Arbeits- und Informationsmaterialien mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Pädagogik und tragen diese bundesweit in Kitas, Horte und Schulen“, erklärt Linden ihre Herangehensweise.
2007 startete der Verein MZFK in Kooperation mit dem Deutschen Verband der Spielwarenindustrie e. V. eine gemeinsame Bildungsinitiative. Mit Unterstützung des ZNL (TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen) und der Zusammenarbeit mit allen 16 Kultusministerien wurden die Projekte "Spielen macht Schule" und die "Kita-Spielothek" entwickelt, die den Wert des analogen Spiels für die Entwicklung von Kindern betonen. Diese Initiativen haben den Verein in der Bildungslandschaft fest etabliert und das Bewusstsein für den Wert des Spiels gestärkt.
Die Überzeugungstäterin
Simone Lindens Name ist eng mit dem Verein MZFK verbunden. Sie gilt als unermüdliche Wegbereiterin, brennt für die Projekte, die sie mit ihrem Team initiiert. Ihre Art des learning by doing hat den unterstützenden Unternehmen neue Perspektiven eröffnet, nicht zuletzt hinsichtlich der Bedarfe von Familien mit Kindern, aber auch in Sachen Produktentwicklung und -erprobung. Das Aufgabenfeld des Vereins MZFK wurde, dank ihr, mit den Jahren komplexer. Die Suche nach Unterstützung unter den Unternehmen der Branche allerdings nicht einfacher. Simone Linden ist es gewohnt, mit ihren Anliegen keine offenen Türen einzurennen. Sie kommt dann schon mal durch den Hintereingang, unermüdlich auf der Suche nach neuen Partnern, Sponsoren und Wegbegleitern. Ein schwieriges Unterfangen, gibt sie zu. In einer Branche, die – wie gerade jetzt – mit ständig neuen Herausforderungen und Unwägbarkeiten zu kämpfen hat, werden Projekte, deren Erfolg nicht unmittelbar messbar ist, gern aufgeschoben. Aber nur in Marketingbudgets zu investieren ist kurzsichtig gedacht – und angesichts der sich wandelnden Präferenzen von Familien, viel zu eindimensional. Der Satz: am Kind wird zuletzt gespart, stimmt nicht mehr. Spielzeug ist kein Selbstläufer mehr.
Familien mit Kindern im Fokus
Kaum einem Außenstehenden ist klar, wie tief die Unternehmen sich in die Lebens- und Spielgewohnheiten ihrer Adressaten hineinversetzen müssen, um deren Bedarfe zu ermitteln und sie als Kunden abzuholen. Die Zeit läuft. Die Erkenntnisse von heute sind morgen überholt. Die Produkte sind für die kritischste und facettenreichste aller Zielgruppen gemacht. Für Kinder. Ganz zu schweigen von den Eltern, die nur das Beste für Ihren Nachwuchs wollen. Das Beste hat in diesem Fall die unterschiedlichsten Ausprägungen. Wo also anfangen?
Vielleicht ganz einfach da, wo die Probleme sitzen. Simone Lindens Ideen fußen auf genauer Beobachtung und Analyse der herrschenden gesellschaftlichen und sozialen Strukturen, der Trends, der veränderten Lebensstile von Familien. Ihr Fundus an Erkenntnissen aus den vergangenen Jahren und ihr exzellentes Netzwerk weisen und bereiten ihr den Weg.
Themenfeld Vorsorge
Mit der Einführung des Präventionsgesetzes im Jahr 2016 erweiterte Simone Linden den Auftrag von MZFK um eine Gesundheitskomponente. Heute weist der Verein in diesem komplexen Bereich eine umfassende Expertise auf: „Die Erweiterung unserer Arbeit auf die Themen Bewegung, gesunde Ernährung und Entspannung war ein natürlicher Schritt, der durch die engen Beziehungen zu den Familien und Bildungseinrichtungen ermöglicht wurde. In Kooperation mit über 30 Krankenkassen – darunter der Verband der Ersatzkassen – wurden mehr als 1000 Kurse und Projekte entwickelt, die Gesundheitsförderung spielerisch in Kindergärten und Schulen integrieren“, so Linden.
Das Präventionsgesetz zielt darauf ab, Gesundheit zu fördern und Krankheiten durch gezielte Vorbeugung zu verhindern. Es legt großen Wert auf Maßnahmen, die sich spezifisch an Kinder, Jugendliche und deren Familien richten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Krankenkassen kann MZFK diesen komplexen Bereich gemäß den gesetzlichen Vorgaben umsetzen und finanzieren.
Und während Simone Linden mit ihrem Team dieses neue Geschäftsfeld mit Leben füllt, definiert die Spielwarenmesse einen Trend, der genau in dieses Spektrum passt.
Mehr als ein Trend: Healthy Heroes
Was bewegt die Spielwarenbranche? Das herauszufinden ist Aufgabe der Spielwarenmesse Trend-Scouts. Die Trends, die definiert und auf der Spielwarenmesse präsentiert werden, orientieren sich nicht an kurzfristigen Erscheinungen und Hypes, sondern haben immer mehr Lebensstile, das Konsumverhalten, aber auch Einstellungen zu unterschiedlichen Themen im Blick. Trends also, die Megatrends aufnehmen und in den Branchenfokus transferieren.
ToyTrend 2025: Healthy Heroes
Chips statt Äpfel und Sofa statt Fußball – eine alarmierende Entwicklung, wie eine Studie der Weltgesundheitsorganisation zeigt: 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich zu wenig und konsumieren zu wenig Obst und Gemüse. Oft verbringen sie ihre Freizeit passiv vor dem Handy. Die langfristigen Folgen sind offensichtlich. Deshalb ist es wichtig, Kinder spielerisch zu mehr Bewegung, Stressabbau und gesunder Ernährung zu motivieren. Der Trend "Healthy Heroes" kombiniert Bewegung, Achtsamkeit und gesunde Ernährung zu einem ganzheitlichen Erlebnis, das Kinder sowohl körperlich als auch mental stärkt. Im Mittelpunkt stehen Spielzeuge, die Entspannung, Meditation und körperliche Aktivitäten fördern und dabei für viel Spaß und gute Laune sorgen.
Simone Linden sieht im Engagement der Spielwarenmesse ein wichtiges Signal für die gesamte Branche: „Die Spielwarenmesse hat mit dem Trend Healthy Heroes, den ich vielmehr als eine Bewegung bezeichnen würde, Zeichen gesetzt. Es geht darum, die Entwicklung und Vermarktung von Spielwaren zu fördern, die einen gesunden Lebensstil unterstützen.“ Denn obwohl "das Spiel" im Präventionsgesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist klar, dass Inhalte wie Bewegung, Ernährung und Entspannung besonders bei Kindern nur durch spielerische Ansätze vermittelt werden können.
Im Spiel neue Lebensweisen lernen
Hier zeigt sich die Stärke des Vereins: das Verknüpfen von Spielen mit nachhaltiger Gesundheitsförderung. Dazu Simone Linden: „Über 300 Berufsfachschulklassen mit 7.500 angehenden Erzieherinnen und Erziehern wurden bereits in Entspannungstechniken geschult, 102 Schulen in Hessen bei der Optimierung der Schulverpflegung beraten und über 500 Kitas bundesweit bei Ernährungsbildung und Resilienzschulungen unterstützt. Der Gesetzgeber fordert eine professionelle Herangehensweise. Ausbildung, Evaluierung und Dokumentation sind genauso gefragt wie Nachhaltigkeit und Strukturwandel.“ Dafür sind Geduld und ein langer Atem notwendig. Beides hat Linden sich mit den Jahren aneignen müssen, um MZFK in die Zukunft zu führen. „Unsere Projekte wie "Achtsamkeit in der Ernährung", das "Clevere Esszimmer" in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Hessen, sowie die Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern, die ihr Wissen an junge Kinder weitergeben, sind erfolgreiche Beispiele dafür, wie Gesundheitsförderung integriert werden kann.“
Chancen erkennen
Erkennen die Unternehmen der Branche – gefangen in einem immer komplexeren Spannungsfeld an überbordender Bürokratie, politischen Unsicherheiten, Absatzproblemen und globalen Krisenherden – hier ein neues, zu beackerndes Feld? Simone Linden sieht das Projekt Healthy Heroes, das auf der Spielwarenmesse 2025 mit Inhalten und einer lebendigen Inszenierung gefüllt werden wird, als wertvollen Denkanstoß, den der Verein mit seiner gewachsenen Expertise an der Seite der Unternehmen mit Leben füllen kann: „Durch unsere tiefen Wurzeln im Bildungsbereich und die enge Verbindung zu den Familien verstehen wir die Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Zielgruppen. Diese Erfahrung, gepaart mit unserer Expertise im Bereich der Prävention, macht uns zu einem idealen Partner für Industrieunternehmen. Wir können dabei unterstützen, innovative Produkte und Marketingstrategien zu entwickeln, die nicht nur erfolgreich sind, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesundheit der Kinder leisten.“
Wie das konkret aussehen kann, müsse, so Linden, von Fall zu Fall entschieden werden: "Durch die Zusammenarbeit mit MZFK können Unternehmen Produkte entwickeln, die den wachsenden Bedarf an gesundheitsfördernden Spielwaren bedienen. Dies sichert nicht nur den kommerziellen Erfolg, weil es neue Geschäftsfelder eröffnet, sondern trägt nachhaltig zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Kinder bei.“
In einer Zeit, in der die Umsätze nicht mehr in den Himmel wachsen, sind neue Weichenstellungen nötig. Dem sich immer schneller drehenden Neuheitenkarussel der vergangenen Jahre muss eine nachhaltige Strategie in der Produktentwicklung und -lancierung folgen. Das weiß auch Simone Linden: „Gemeinsam können wir die Zukunft der Spielwarenbranche gestalten und dafür sorgen, dass Kinder gesünder und glücklicher aufwachsen.“
Ein gesellschaftlicher Auftrag für die Branche
Kommen die Healthy Heroes gerade zur richtigen Zeit? Es scheint so. Es gibt immer mehr Familien, in denen ein gesunder Lebenswandel keine große Rolle spielt – sei es aus Zeitmangel, Überforderung oder fehlenden finanziellen Möglichkeiten. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Kinder auch in Kitas und Schulen durch innovative Produkte und Konzepte spielerisch an das Thema Gesundheit herangeführt werden. Der Verein Mehr Zeit für Kinder kann dabei ein wichtiger Partner sein. Mit der langjährigen Erfahrung in der Verbindung von Spiel, Gesundheit und Bildung sowie einem funktionierenden Netzwerk zu Familien, Krankenkassen und Institutionen bietet MZFK eine solide und starke Basis für die Umsetzung geeigneter Initiativen.
Sowohl die Großeltern-Generation der Baby Boomer als auch die jungen Elterngenerationen setzen auf einen gesunden, bewussten Lebensstil. Gerade das Thema langes und gesundes Leben’ – Longevity – steht immer mehr im Fokus. Das möchten Eltern und Großeltern an die Folgegenerationen weitergeben. Sie suchen gezielt nach Produkten, die Gesundheit, Bildung und Nachhaltigkeit kombinieren. Hier kann die Spielwarenbranche eine wichtige Rolle spielen.
Simone Lindens Appell: „Es gibt bereits Produkte, die in diesen Bereich gehören und nur eine entsprechende Erklärung und Unterstützung in der Vermarktung brauchen. Nutzen Sie diese vorhandenen Ressourcen und bauen Sie darauf auf, um den Trend der Healthy Heroes weiter zu stärken.“
Mehr Zeit für Kinder e. V. – Der Wert des Spielens
Neben dem Thema Prävention liegt der Schwerpunkt der Vereinsarbeit auf der Förderung des Spielens als zentralem Wert für die kindliche Entwicklung. Da das Spielverhalten in Familien zunehmend abnimmt, wird das freie (klassische) Spielen durch etablierte Maßnahmen in Kitas, Schulen und im Nachmittag erhalten. Auch hierbei gilt es, Trends, gesellschaftspolitische Veränderungen und die Bedarfe der Zielgruppen immer im Blick zu halten: Ein neu entwickeltes Qualifizierungsprogramm unterstützt Lehrkräfte seit diesem Jahr dabei, das Spiel als bedeutendes Instrument für Lernen und Entwicklung bewusst in den Alltag zu integrieren und Spielen von klein auf zu fördern.
Über die Autorin:
Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.