DVSI-Studie: Spielwarenhandel und -industrie warnen vor Billigplattformen


Billig-Shopping-Plattformen, die mit Tiefstpreisen und aggressiver Werbung den Online-Markt aufmischen und einen rasanten Aufstieg erleben, stehen seit geraumer Zeit in der Kritik. Die Warnungen richten sich vor allem gegen eine oft mangelhafte Produktqualität, Plagiate, Wettbewerbsverzerrungen, Nachhaltigkeit sowie vor der Umgehung von Verbraucherrechten und Zollbestimmungen. Im November 2023 warnte auch der Spielwarenverband Schweiz (SVS) vor Billigst-Spielwaren, welche die Gesundheit von Kindern gefährden können. Das zeigten Tests, die der SVS für 18 Spielwaren aus den Shopping-Apps Temu und Shein in Auftrag gegeben hatte. 15 dieser Spielsachen sind laut Testlabor SQTS nicht verkehrsfähig, für sechs davon hätte der Vollzug umgehend einen Rückruf angeordnet.

Konsumenten reagieren weniger sensibel

Die Konsumenten sehen es allerdings deutlich gelassener, wie die parallel durch den DVSI und YouGov durchgeführte repräsentative Endverbraucherstudie zeigt. 43 Prozent der befragten Verbraucher beurteilen zwar die dort angebotenen Spielwaren als billig und qualitativ oft minderwertig, aber ihre Einschätzung ist weniger ausgeprägt als in Industrie und Handel. Vor allem der günstige Preis (58 Prozent) und die breite Angebotspalette (44 Prozent) weckt das Interesse der Verbraucher. Gleichzeitig gaben aber 49 Prozent der Befragten an, dass für sie ein Kauf auf Billig-Shopping-Plattformen generell nicht in Frage käme.

Billigstproduktion führt zu Qualitätseinbußen

77 Prozent der Befragten aus Industrie und Spielwarenhandel sind aus eigener Erfahrung der Ansicht, dass Billigstproduktion zwangsläufig zu Qualitätseinbußen führt. Laut DVSI-Umfrage gehen die Verlockungen von Tiefstpreisen nicht spurlos an Industrie und Handel vorbei. 64 Prozent der befragten Hersteller und Händler sehen negative bis stark negative Auswirkungen auf die eigene Geschäftstätigkeit zukommen. Am stärksten betroffen fühlen sich große Unternehmen (68 Prozent). Noch gravierender fällt die Bewertung des Handels über das Treiben auf Billig-Shopping-Plattformen aus. 100 Prozent der Befragten aus dem Handel glauben, dass die Verbraucher vermehrt Billigspielwaren auf diesen Plattformen ordern werden, während lokale Händler und etablierte Marken verstärkt das Nachsehen hätten. 46 Prozent beobachten bereits, dass der „worst case“ eingetreten ist und Verbraucher schon jetzt vermehrt Billig- statt Qualitätsspielwaren kaufen. Werden Billig-Shopping-Plattformen damit zur zweiten Bedrohung und Gamechanger, nachdem Amazon bereits den Spielwarenmarkt umgekrempelt hat?

Verbraucherwelt reagiert je nach Kaufkraft 

Auch wenn knapp die Hälfte der Verbraucher angaben, dass für sie ein Kauf auf Billig-Shopping-Plattformen nicht in Frage käme, fallen die Bewertungen derjenigen, die schon mal auf einer solchen Plattform eingekauft haben, zu 54 Prozent positiv aus. Fehlende Nachhaltigkeit und ungenügende Qualität (34 Prozent) sowie mangelhafte Produktsicherheit und Verarbeitung (27 Prozent), die die Befragten mit den Plattformen verbinden, spielen hier offensichtlich keine Rolle bei den Kaufentscheidungen. Allerdings teilt sich die neue Verbraucherwelt in zwei Sphären. Während die Zielgruppe der bis 34-jährigen wiederholt auf Billig-Shopping-Plattformen einkauft, zeigt sich die Bevölkerungsgruppe ab 55 Jahren eher reserviert. Sie scheint offensichtlich ein höheres Bewusstsein für Qualität, Langlebigkeit und Sicherheit zu haben, was einerseits der höheren Kaufkraft geschuldet sein dürfte, aber gleichzeitig an der höheren Affinität jüngerer Ziel­gruppen für moderne Shopping-Formate liegen könnte.

Werden Billig-Shopping-Plattformen zum Gamechanger? 

Trotz der zunehmenden Kritik aus Politik und Verbraucherschutzverbänden scheint der Einkauf auf Billig-Shopping-Plattformen für die deutschen Konsumenten eine Alternative zu bestehenden Angeboten darzustellen. Lediglich 14 Prozent haben eher negative bis stark negative Erfahrungen gemacht, aber bei 54 Prozent, die bereits auf einer Billig-Shopping-Plattformen Spielwaren eingekauft haben, fiel die Bewertung mit Blick auf die einfache Handhabung, die schnelle Zustellung und den günstigen Preis positiv aus. 

Konsequenteres Vorgehen der Politik gefordert

Spielwarenindustrie und Spielwarenhandel fordern ein konsequenteres Vorgehen der Politik gegenüber Billig-Shopping-Plattformen, um faire Wettbewerbsbedingungen zu garantieren, so das Ergebnis der DVSI-Studie.Dazu zählt eine Sensibilisierung der Verbraucher, aber auch die Stärkung von Marktüberwachungsbehörden, um die Einhaltung von Gesetzen, Normen und Richtlinien sowie die Durchsetzung von wirksamen Sanktionen bzw. Strafen bei Verstößen gegen Mindeststandards sicherzustellen. „Der DVSI fordert seit langem von Berlin und Brüssel“, sagt Ulrich Brobeil, „dass die im Digital Services Act der EU vorhandenen gesetzlichen Lücken geschlossen und die Marktüberwachungsbehörden finanziell und personell so ausgestattet werden, dass eine wirksame Kontrolle auch möglich wird.“

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