Licensing International besetzt Schlüsselposition mit Lizenzexpertin

Standortbestimmung mit Maura Regan und Ute Stauss

Von Sibylle Dorndorf

Ob Disney-Eiskönigin, Harry Potter, Star Wars, Paw Patrol – welche Charaktere aus Filmen, Serien, Büchern und Computerspielen gerade angesagt sind, verrät ein Blick in die Kinderzimmer.

Renner oder Penner?

Ob sich allerdings eine Lizenz als Goldmine oder Regalhüter erweist, erfordert Expertise und Erfahrung. Passt der Kinoheld zu meiner Zielgruppe und meinem Portfolio? Welche Arten von Produkten sind mit der Lizenz denkbar? Selbst wer sich im Vorfeld die richtigen Fragen stellt, kann schief liegen. Hier sind mehr denn je ausgewiesene Experten gefragt, weiß Maura Regan von Licensing International (LI). Die Präsidentin des international agierenden Lizenzverbandes beobachtet seit über 20 Jahren den Markt, der mehr denn je in Bewegung ist.

Lizenzen sind Wachstumstreiber

Auf der Spielwarenmesse 2024 gab es zahlreiche Lizenzprodukte zu entdecken.

Auch wenn hierzulande das Lizenzgeschäft ebenfalls die Kaufzurückhaltung spürt, so ist der Rückgang mit -2 Prozent deutlich schwächer ausgeprägt als bei nicht lizensierten Spielwaren. Der Umsatzanteil der Lizenzen am Gesamtmarkt in Deutschland ist 2023 sogar deutlich gewachsen: Mit 26 Prozent verzeichnet die Branche ein Allzeithoch. Allein die trendigen Lizenzthemen rund um Disney, die zahlreichen zusätzlichen Produkte ergänzend zu den Pokémon Trading Cards, das Vorschul-Thema Gabby‘s Dollhouse, Minecraft oder auch die Spielewelten zu Avatar, generieren mehrere Millionen Euro zusätzlichen Umsatz. Galt Deutschland lange Zeit als „Entwicklungsland“, was Lizenzen angeht, so hat sich das gewandelt: Ein Grund mehr für LI, als deutsche Geschäftsführerin eine ausgewiesene Lizenzexpertin zu installieren.

Das neue Gesicht bei Licensing International

Licensing International besetzte ab 1. Februar 2024 diese Schlüsselposition mit der erfahrenen Lizenzexpertin Ute Stauss. Sie war fast zwei Jahrzehnte in verschiedenen Positionen im Bereich Licensing für den Disney Konzern tätig. In ihrer Funktion als selbständige Strategieberaterin hat sie mit vielen anderen nationalen und internationalen Medien- und Unterhaltungsunternehmen zusammengearbeitet. Sibylle Dorndorf sprach mit Maura Regan und Ute Stauss über den globalen Lizenzmarkt allgemein und die strategische Ausrichtung und Positionierung von LI in Deutschland.

Nachgefragt

Maura Regan, Deutschland und die DACH-Region waren lange „Entwicklungsland, was Lizenzen betraf. Wie sehen Sie heute die Position und das Potenzial der westeuropäischen, respektive deutschsprachigen Länder?

Maura Regan ist seit 2018 Präsidentin von Licensing International.

Maura Regan: Der westeuropäische Markt stellt für die Lizenzindustrie eine große Chance für die Zukunft dar. Die jüngste Global Licensing Industry Study von Licensing International zeigt, dass der weltweite Umsatz mit lizenzierten Waren und Dienstleistungen im Jahr 2022 nun 340,8 Milliarden Dollar erreicht hat. Das ist ein Anstieg von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Westeuropa ist der zweitgrößte Markt weltweit für lizenzierte Einzelhandelsumsätze, der im gleichen Zeitraum um 4,9 Prozent zunahm. Und dieses Wachstum fand trotz Inflation und Wirtschaftskrisen in einigen Ländern statt, was die unglaubliche Zugkraft der Lizenzen und Marken verdeutlicht.

Mit Ute Stauss holen Sie sich Expertise auch aus anderen Branchen und in den Bereichen Business Guidance, Licensing für Konsumgüter, Marken-Kooperationen und strategische Produkt-Entwicklung – und das mit internationalem Fokus. Kann das als Hinweis gedeutet werden, dass die DACH-Märkte für Licensing International mehr im Fokus stehen als früher?

Maura Regan: Die DACH-Region ist weiterhin ein Schwerpunkt für uns. Mit Ute planen wir, unser Angebot zu erweitern und weiterhin alle Vorteile zu bieten, die unsere Mitglieder – und die Lizenzierungsbranche insgesamt – benötigen, um erfolgreich zu sein und das globale Markenlizenzgeschäft voranzutreiben.

Gerade entdecken wir auf allen Märkten die Erwachsenen als Zielgruppe mit stark wachsendem Potenzial. Geeks, Nerds, Kidults, Afols – egal, mit welcher Begrifflichkeit man versucht, diese Klientel zu typisieren, eines hat sie gemeinsam: Sie könnte die rückläufigen Umsätze zum Teil auffangen. Lizenzierung ist ein Treiber dieser Entwicklung. Wie können Unternehmen und Marken diesen Trend für sich nutzen? 

Maura Regan: Wir sind uns darüber im Klaren, dass Kidult-Konsumenten die Marken, die sie lieben, mit großer Leidenschaft lieben. Das bedeutet, dass alle Bemühungen im Bereich der Lizenzen dem jeweiligen Produkt treu bleiben müssen. Kidult-Konsumenten wenden sich gegen Partnerschaften, bei denen nicht sorgfältig geprüft wird, welche Produkte oder Erlebnisse die von ihnen geliebten Charaktere und Themen unterstützen. Um sich diesen Trend zunutze zu machen, müssen Unternehmen zunächst ihre Zielgruppe verstehen.

Wie sehen Sie das, Ute Stauss?

Ute Stauss ist seit 1. Februar 2024 Geschäftsführerin von Licensing International Deutschland.

Ute Stauss: Die Lizensierung ist eine wichtige und treibende Kraft für diese Entwicklung. Es gibt sehr viele Möglichkeiten von diesem Trend zu profitieren, insbesondere das Erkennen von Nischentrends. Das heißt, der erwachsene Verbraucher im Bereich “Geek & Nerd Fandom” hat hier andere und spezifischere Interessen, wenn es um Produkte geht. Das wiederum führt mich zur Produktentwicklung. Gerade bei dieser Zielgruppe ist die Kreation einzigartiger und qualitativ hochwertiger Merchandise-Artikel in beispielsweise limitierter Auflage wichtig. Ein weiterer bedeutender Aspekt ist mit den Fan-Communities in Kontakt zu treten, um das Engagement zum Beispiel durch Events und Online-Foren zu fördern. Wenn es gelingt, Beziehungen zu Influencern und Markenbotschaftern innerhalb der Geek- und Nerd-Kultur aufzubauen, erhöht das wiederum die Markenbekanntheit und -loyalität. Das könnte man auch durch thematische Attraktionen und interaktive Veranstaltungen ergänzen. Diese ermöglichen es den erwachsenen Fans, vollständig in ihre Lieblingsserien oder Spiele einzutauchen. Das ist sicherlich auch eine Frage des Budgets, aber gerade der Austausch mit den Fans durch Social Media ist heutzutage auf jeden Fall einfacher.

Sie kommen in einer sehr spannenden Zeit in die Spielwarenbranche. Wir erleben Veränderungen im Kaufverhalten, bei den Lebensstilen junger Familien und im Freizeitverhalten der Kinder. Nachhaltigkeit ist ein Kernthema. Sehen Sie mit Ihrem Background hier Parallelen zu anderen Branchen? 

Ute Stauss: Der von Ihnen angesprochene Punkt ist eine Entwicklung, die sich durch verschiedene Branchen zieht. Nachhaltigkeit ist eines der Kernthemen in jeder Industrie, sei es Lebensmittel, Bekleidung, Reisen, Wohnen, Technology, Automobil und so weiter. Insgesamt ist Nachhaltigkeit im Kaufverhalten, bei der Wahl des Lebensstils und bei Freizeitaktivitäten branchenübergreifend sichtbar. Auch in der Entertainment-Industrie gibt es eine wachsende Nachfrage nach Inhalten, die Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung bei Kindern und Familien fördern.

Sie kennen die Spielwarenbranche durch ihre frühere Tätigkeit als Director of Licensing bei der The Walt Disney Company und konnten als Consultant in den Bereichen Lizenzierung und Markenerweiterung wichtige Erfahrungen in anderen Branchen sammeln. Wie nehmen Sie die Branche heute wahr, vor allem in Bezug auf den Stellenwert von zugkräftigen Lizenzthemen für die Unternehmen? 

Ute Stauss: Die Spielwarenbranche ist eine sehr dynamische und wettbewerbsintensive Branche, in der attraktive Lizenzthemen eine wichtige Rolle spielen. Insgesamt sind Lizenzthemen von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Branche. Der Auf- und Ausbau strategischer Lizenzpartnerschaften und die Berücksichtigung neuer Trends wie zum Beispiel Gaming, Sports und auch digitale IP’s tragen zusätzlich zum Erfolg bei.

Als künftige deutsche Statthalterin von Licensing International setzen Sie ein Programm auf, das vor allem Networking, Bildungsprogramme, erweiterte Einzelhandelsinitiativen und ein Young Professionals Network forciert. Was ist Ihr Nahziel und wo wollen Sie perspektivisch Schwerpunkte setzen? 

Ute Stauss: Momentan verschaffe ich mir noch ein umfassendes Bild darüber, was sich unsere Mitglieder wünschen und welcher Support vom Verband gebraucht wird. Des Weiteren gibt es auf internationaler Ebene einige sehr erfolgreiche Veranstaltungen und Formate, die man auch für den deutschen Markt adaptieren könnte. Alle diese Ergebnisse werden wir analysieren und in kurz-, mittel- und langfristige Ziele kategorisieren, um sie Schritt für Schritt umsetzen. Es ist dem Verband und mir sehr wichtig, langfristig ein relevanter Player der Lizenzindustrie zu sein.

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Sie treffen in Deutschland auf einen Lizenzmarkt, der in Bewegung ist und dabei, sich zu formen, nicht zuletzt durch junge Veranstaltungen wie die BRANDmate. Bewerten Sie das positiv und wie offen sind Sie dafür, ich nenne es mal, „sich gegenseitig zu inspirieren“? 

Ute Stauss: Wie Maura bereits erwähnte, ist der internationale Lizenzmarkt riesig. Die Zahlen, die sie nannte, sind beeindruckend. Das Wachstum ist kontinuierlich. Die Vielfalt an Unternehmen, Erwartungen, Interessen und Zielen macht diese Branche einzigartig und gibt auch Raum für Neues wie zum Beispiel die BRANDmate. Wir können uns sehr gut vorstellen, gemeinsam weitere Formate umzusetzen. Hinsichtlich der Inhalte und Größenordnung werden aktuell Konzepte erstellt.

Wo werden Sie in diesem Geflecht als Strategieberaterin Schwerpunkte setzen? 

Ute Stauss: Ich finde es wichtig, dass der Branche immer wieder neue Trends, Impulse und auch Themen präsentiert werden, um Chancen zu nutzen. Die Stichworte dazu sind Technology und Künstliche Intelligenz – , mit denen auch aktuell auftretende Herausforderungen gemeistert werden können. Eine weitere Zielsetzung von mir sowie Licensing International ist es, verlässliche, faktenbasierte statistische Daten und Studien bereitzustellen. Wir wollen Transparenz schaffen und unsere Mitglieder in der doch komplexen und vielfältigen Industrie für die Zukunft unterstützen.

Haben Sie einen persönlichen Lizenz-Favoriten für 2024/2025?

Ute Stauss: Wir leben in einer bunten, vielfältigen Industrie mit vielen fantastischen, großartigen Themen und Lizenzen, es fiele mir schwer, nur ein Thema zu favorisieren.

Maura Regan: Dem kann ich mich nur anschließen. Es sind so viele unglaubliche Angebote zur Vermarktung von ortsbezogenen Unterhaltungsangeboten geplant, die von Unterhaltungsmarken bis hin zu Sportartikeln reichen. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie eine Marke auf diese Weise zum Leben erweckt wird – und ich beobachte, wie sich die Fans darauf einlassen –, wird mir klar, wie stark der Bereich Lizenzierung ist. Vor allem begeistert mich, in welchem Ausmaß Lizenzen Themen emotionalisieren können.

Licencing International

Licencing International ist der globale Verband der internationalen Lizenzbranche. 1985 gegründet, hat es sich Licencing International (vormals LIMA) zum Ziel gesetzt, das Wachstum und die Bedeutung des Licensing weltweit zu fördern und zu unterstützen und das Bewusstsein für die Vorteile und Chancen des Licensing in der Geschäftswelt zu schärfen. Mehr als 1.200 Unternehmen sind dem Verband angeschlossen. Die Präsidentschaft hat seit Juli 2018 Maura Regan inne.

Licensing International Deutschland wird seit dem 1. Februar 2024 von der Lizenzierungsexpertin Ute Stauss als Nachfolgerin von Peter Hollo geleitet. Rund 155 Mitgliedsunternehmen haben sich Licensing International in Deutschland angeschlossen.

Über die Autorin Sibylle Dorndorf:

Sibylle Dorndorf schreibt seit fast 30 Jahren über die Spielwarenbranche, zuletzt war die Journalistin Chefredakteurin der TOYS-Magazinfamilie im Göller Verlag, Baden-Baden. Ihre Passion: Unternehmen, die sich neu erfinden, Marken, die sich glaubwürdig positionieren, Menschen, die etwas zu sagen haben und Produkte mit Zukunft.

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