„Qualitätsstandard von Porsche gilt auch für Modellfahrzeuge“

Interview mit Jörg Thilow, Porsche

Von Peter Thomas

Im Feld ganz vorne zu fahren, ist man bei Porsche gewohnt. Schließlich gehören Motorsporterfolge für den Sportwagenbauer aus Stuttgart zum Markenbild. Dazu passt, dass Porsche Ende 2022 zur „Top-Vorbildmarke“ im für die Szene der Fahrzeugminiaturen wichtigen Wettbewerb „Modellfahrzeugs des Jahres“ gewählt wurde. Dazu kamen sieben Klassensiege in verschiedenen Kategorien. Die Leserwahl der Zeitschrift „Modell Fahrzeug“ fand zum 32. Mal statt. Über die Faszination Sportwagen im Modell sprach Jörg Thilow vom Porsche Museum mit „Spirit of Play“.

Herr Thilow, war die jüngste Leserwahl zum „Modellfahrzeug des Jahres“ ein Start-Ziel-Sieg für Porsche?

Jörg Thilow: Klar, wir freuen uns sehr über den Sieg in der Kategorie „Top-Vorbildmarke“. Aber mindestens ebenso wichtig sind die Erfolge in verschiedenen Einzelkategorien, wo mehrere interessante Rennwagen aus unserer Geschichte gewonnen haben. Das reicht vom Porsche 917 K „Höcker“ aus dem Jahr 1971 in 1:43 bis zum Porsche 911 GT3 R „Falken“ aus dem Jahr 2018 in 1:18. Darunter sind Special-Interest-Fahrzeuge, die Sammlerfreunde mit einem besonderen Fokus ansprechen. Sie wollen sich ihr absolutes Traumfahrzeug ins Regal stellen – sehr detailliert und oft in einem großen Maßstab. Uns freut, dass das heute zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis möglich ist. Vor 20 oder 25 Jahren haben Sie so fein nachgebildete Miniaturen nicht zu Preisen für eine große Zielgruppe bekommen. Für uns als Marke ist diese Entwicklung attraktiv, weil Kleinserien zu guten Preisen viele Lücken im Porsche-Stammbaum in den jeweiligen Maßstäben und Segmenten schließen.

Wie unterstützt Porsche die Hersteller der Miniaturen?

Jörg Thilow: Porsche will die Spielzeug- und Modellautofirmen im Sinne einer starken Partnerschaft möglichst gut betreuen. Wir schauen also, was der Hersteller der Miniaturen braucht. Ich selbst bin verantwortlich für die Produktentwicklung im Porsche Museum und betreue die Lizenzpartner bei historischen Fahrzeugen. Wir vermitteln dann beispielsweise Motive aus dem Bildarchiv oder ermöglichen einen Scantermin des originalen Sport- oder Rennwagens. Es ist ein Prozess, bis das fertige Modellauto in den Verkauf gehen kann. Dazu gehört auch eine Schleife über unser Archiv, wo die korrekte Ausführung geprüft wird. Das entspricht unserem Selbstverständnis des Qualitätsstandards von Porsche, der auch für Modellfahrzeuge gilt.

Bei der Verleihung der Preise zum „Modellfahrzeug des Jahres“ stellte „Modell Fahrzeug“-Chefredakteur Andreas A. Berse eine aktuelle Studie vor, wonach viele Modellautosammler im Jahr deutlich über 1.000 Euro in ihr Hobby investieren. Sind gut gemachte Miniaturen also eher Produkte für eine kaufkräftige Klientel?

Jörg Thilow: Nein, das lässt sich auf keinen Fall verallgemeinern. Und das sehen Sie beim Besuch im Porsche Museum mit seinem großen Shop: Wir haben jährlich durchschnittlich rund 450.000 Museumsbesucher, davon bis zu 130.000 Shop-Kunden. Das sind nicht nur Modellautosammler, sondern die Zielgruppen reichen vom Grundschüler bis zum Abholer eines neuen Porsche-Sportwagens. Sie alle lassen sich von der Strahlkraft von Porsche in Geschichte und Gegenwart begeistern. Viele sind emotionalisiert vom Museumsbesuch und hatten vorher gar nicht geplant, ein Modellauto zu kaufen – wollen dann aber ein Erinnerungsstück erwerben. Deshalb haben wir auch Modellautos im preislichen Einstiegssegment, die trotzdem gute Miniaturen sind.

Wie läuft der Kontakt zwischen Porsche und den Modellherstellern ab?

Jörg Thilow: Das ist ein lebendiger Dialog: Entweder kommen die Miniaturhersteller mit der Idee für eine Nachbildung auf uns zu, oder Porsche sucht den Austausch mit den Produzenten der Modelle und gibt Impulse für neue Modelle. Besonders intensiv sprechen wir, wenn herausragende Neuheiten erscheinen – so wie der Rennwagen Porsche 963, der 2023 seine Premiere erlebt. Das Neufahrzeug ist motorsportlich sehr spannend und häufig rückt ein solches Thema auch historische Wettbewerbsfahrzeuge wieder in den Blick.

 

Die Welt des Spiels bewegt sich immer stärker ins Digitale. Welche Rolle spielen Nachbildungen klassischer und aktueller Fahrzeuge für Porsche im Gaming?

Jörg Thilow:Solche Virtualisierungen werden immer wichtiger für uns. Denn E-Sports ist ein Feld, in dem unsere Marke eine starke Präsenz hat. Gerade für historische Modellfahrzeuge ist das ein extrem spannendes Feld, das noch einige Dynamik haben wird. Denn junge Märkte mit ausgeprägter Leidenschaft für das Gaming wie China kommen so intensiv in Kontakt mit der Welt der automobilen Klassik. Das weckt Neugier auf historische Geschichten, wie sie unser Museum erzählt – oder die entsprechenden Miniaturen.

 

Modellfahrzeuge haben im Porsche Museum ihren Platz im Shop?

Jörg Thilow: Das ist tatsächlich der Schwerpunkt. Ich bin seit Mitte der 1990er-Jahre im Unternehmen und habe noch das alte Porsche-Museum erlebt. Schon damals hatten wir den Anspruch, für das Publikum über die Ausstellung hinaus hochqualitative Produkte wie historische Modellfahrzeuge anzubieten. Aber manchmal setzen wir auch Highlights mit Miniaturen im Museum selbst. Die erfolgreiche Sonderausstellung „Spirit of Carrera RS“ im vergangenen Jahr beispielsweise zeigte einen ganzen Schwarm von Spielzeug- und Modellautos dieses legendären Typs. Das kam bei den Besuchern unglaublich gut an.

Über den Autor:

Geschichten über Technik und Menschen erzählen: Das fasziniert den Journalisten, Autor, Kulturwissenschaftler und Dozenten seit mehr als 30 Jahren. Technisches Spielzeug steht dabei immer wieder im Fokus, vom Baukasten bis zu interaktiven digitalen Lernspielzeugen. Nach Studium und Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität schreibt Peter Thomas für Tageszeitungen, Magazine und Unternehmenspublikationen im deutschen und englischen Sprachraum. Seine Schwerpunkte neben der Welt des Spiels sind Mobilitäts-, Sicherheits-, Energie- und Medizintechnik.

Das könnte Sie auch interessieren