Modelleisenbahnen: Das ist 2023 angesagt!

Neues auf und neben den Gleisen

Von Peter Pernsteiner

Auf der Spielwarenmesse 2023 stellten die Modellbahnhersteller einige geschichtsträchtige Neuheiten vor. Das Messepublikum konnte auf dem Streifzug durch die Halle 7A in Nürnberg hautnah die detailgetreuen Modelle bewundern.

Unter den Modellbahn-Neuheiten, die Märklin vorstellte, nahm der H0-Maßstab 1:87 den größten Raum ein. Das Unternehmen kündigte neben unzähligen Farb- und Formvarianten einige Formneuheiten an: Es kommen die Altbaudampflok Baureihe 01.10, die Diesellok Baureihe 120, die schwere amerikanische Diesellok ES44AC von General Electric, die schwedische Elektrolok Rc5 und der 468 mm lange elektrische Triebwagenzug ET85 samt Steuerwagen ES85. Die moderne Vectron-Lok wird in einer Version als 236 mm lange Zweikraftlokomotive neu konstruiert. Bei ihr ertönt wie im Vorbild mit gehobenem Stromabnehmer der Sound einer E-Lok und ansonsten ein Diesellok-Fahrgeräusch. Auch einige Wagen kommen als Neukonstruktion, wie beispielsweise das 157 cm lange Set des Edelweiss Pullman Express mit Vorbild von1925. (Märklin)

H0-Zugset von Diecast Masters gemäß Vorbild der Caterpillar-Firma Progress Rail. (Foto: Pernsteiner)

Jouef und Rivarossi kündigten in H0 die schwere moderne Vossloh-Diesellok DE 18 als 195 mm langes Metallmodell mit Soundelektronik an. Der von seinen detaillierten Caterpillar-Baufahrzeug-Modellen bekannte Anbieter Diecast Masters zeigte das schon lange angekündigte amerikanische H0-Zugset. Der 83 cm lange Zug nach dem Vorbild der Progress Rail Company besteht aus einer schweren und 26 cm langen amerikanischen Diesellok EMD SD70ACe, drei Güterwagen und einem Gleisoval nebst Fahrregler. Auf dem 22 cm langen 4-achs Flachwagen befinden sich zwei äußerst detailgetreue 1:87-CAT-Baufahrzeuge – der Motor Grader 12M3 und der Zweiwege-Bagger M323F. (Diecast Masters)

Vielfalt in verschiedenen Maßstäben

Die Modellbahnwelt wartet auch in anderen Maßstäben als 1:87 mit Neuheiten auf. Für die Spur TT (1:120) kündigte Tillig Modellbahnen ein Reisezugwagenset nach Vorbild der Preußischen KPEV und modernere Varianten der 1950er-Jahre an. Im Jahr 1966 wird die Nachbildung eines Sets aus zwei Salonwagen der ehemaligen DDR-Regierung in Szene gesetzt. Als moderne Formneuheit kommt ein Steuerwagen der DB AG. Tillig will 2024 den Doppelstockwagen in TT auf den Markt bringen. (Tillig Modellbahnen)

Unter der Märklin-Marke Minitrix kommen in Spur N (1:160) als Neukonstruktionen eine moderne Vectron-Lok Baureihe 193 mit vier Stromabnehmern, 4-achsige Silowagen sowie Selbstentladewagen und das 115 cm lange siebenteilige Schnellzugwagen-Set Metropolitan.

Kato stellt die legendäre mehr als 40 Meter lange Dampflok Big Boy inklusive Geräuschelektronik auf N-Gleise. Mit Hilfe eines speziellen Gelenkrahmens soll das Modell bereits Gleisradien ab 282 mm durchfahren. (Kato)

Ebenfalls in N bringt Lemke im Hobbytrain-Sortiment E-Loks der Baureihen E 60 und Re 4/4 IV sowie Schweizer Großraumwagen und Autozug-Steuerwagen. (Lemke)

In Spur Z (1:220) kommen von Märklin der Akkutriebwagen der Baureihe ETA 150 nebst Steuerwagen und der 217 mm kurze Bahndienst-Schienen-Kleinwagen Klv 20 auf Basis eines VW-Bulli.

Auf Fotos präsentierte Märklin den Spur 1 Triebwagen Schweineschnäuzchen (Foto: Märklin)

Für Gleise mit 45 mm Spurweite bringt Märklin im Maßstab 1:32 (Spur 1) die bereits im Herbst angekündigte 6-achsige E-Lok der Baureihe 151 sowie als aktuelles Highlight den Wismarer Schienenbus der Baureihe VT 88.9. Das 365 mm lange filigran detaillierte Modell hat den liebevollen Spitznamen „Schweineschnäuzchen“ in Anlehnung an seine schmalen Motor-Vorbauten. Es wird in sechs Varianten gefertigt und hat sogar servomotorisch bewegte Schiebetüren.

Zu YouTube: Video über die Märklin Spur 1 Neuheiten 2023

Schließlich ist auch für das Gartenbahn-System der Spur G (ebenfalls 45 mm Spurweite, aber anderer Maßstab) unter der Märklin-Marke LGB einiges neu geplant. Die Schweizer Dampflok Rhätia kommt als aufwendig detailliertes Modell aus Metall mit Dampfausstoß an Vakuum-Bremse, Pfeife, Zylindern und Schornstein. Der 153 cm lange zweiteilige RhB-Triebwagenzug Capricorn lässt sich durch zwei 77 cm lange Mittelwagen ergänzen. Die USA-Freunde können sich schließlich auf die ebenfalls 77 cm lange Diesellok P42 in zwei Varianten freuen sowie auf Gepäck- bzw. Personenwagen mit 76 bzw. 80 cm Länge.

Neues Modellbahn-Zubehör

Eindrucksvolle 97 cm lang ist das 1:87-Modell einer Tunnelbohrmaschine, die Faller erst seit kurzem als Bausatz ausliefert (siehe Aufmacherfoto oben). Das Vorbild wird beispielsweise beim Bau des 64 km langen Brenner Basistunnels eingesetzt. Der 85 mm große Bohrkopf wird gemächlich von einem kleinen Motor gedreht und wer den Gripper noch gigantischer in Szene setzen will, kann ihn optional um drei Nachläufer-Ergänzungseinheiten verlängern. (Faller)

Zum 1:87 CarMotion-System zeigte Viessmann einen Tankstellen-Bausatz und eine digitale Preistafel (Fotos: Pernsteiner)

Viessmann hat letztes Jahr das Straßenfahrzeug-System CarMotion für H0-Modellbahnanlagen eingeführt und jetzt weitere Lastwagen sowie Sattelschlepper nebst Auflieger vorgestellt. Neu ist auch ein Infrarot-Stoppmodul. Es ermöglicht, dass die autonom fahrenden Modelle an definierbaren Stellen abbremsen und dann mit Hilfe eines zusätzlichen Stopp-Magneten an einem weiteren Punkt komplett anhalten. Eine pfiffige Idee sind maßstabsgerechte 33 mm hohe LCD-Werbetafel-Einheiten im Maßstab 1:87. Sie haben ein Display mit 80x160 Pixeln und zeigen bis zu 15 speicherbare Bilder im Wechsel. Ähnlich konzipiert ist eine doppelseitige 44 mm hohe Displayeinheit zur realistischen Gestaltung der großen Preisanzeige-Tafel von Tankstellen. Mit einer einfach bedienbaren Bluetooth-App können jederzeit und beliebig oft die Preise der Treibstoff-Sorten geändert werden. (Viessmann)

Zu YouTube: Interview über das H0 CarMotion-System von Viessmann

Digitaltechnik für die Eisenbahnanlage

Hornby will mit dem neuen Steuerungskonzept HM7000 auf Basis einer kostenlosen Bluetooth-App für Smartphones den Einstieg in die digitale Modellbahn-Steuerung vereinfachen. Hierzu sollen diverse Digitaldecoder mit und ohne integrierter Soundelektronik zum Einbau in Lokmodelle mit einer der gängigen 6-, 8-, 18- oder 21-poligen Decoder-Schnittstellen kommen. Entsprechend umgerüstete Loks benötigen für die Bedienung per Smartphone auf den Gleis nur noch eine Gleichspannung. Alternativ können die Loks auf Anlagen mit einer DCC-Digitalzentrale gesteuert werden.(Hornby)

WLAN-Steuerung von Märklin für die Einhandbedienung im Querformat und Hochformat (Foto: Pernsteiner)

Die drahtlose Modellbahnsteuerung ist generell stark auf dem Vormarsch, überwiegend auf Basis der WLAN-Technologie. So können die Märklin Digitalzentralen CS2 und CS3 ab Mai um einen Funkhandregler ergänzt werden. Die Mobile Station WLAN für Akku- und Batteriebetrieb ist im Layout an den weiterhin lieferbaren Mobile Station-Kabel-Handregler angelehnt, wurde aber in der Handhabung angepasst. Sie erhält einen griffigeren Drehregler und auf der Rückseite eine Art Griff, mit dem eine bequeme Einhand-Bedienung möglich wird. Ein Lagesensor sorgt dafür, dass das Display im Hochformat lesbar ist – auch für Linkshänder. (Märklin)

Zu YouTube: Interview über die Märklin Mobile Station WLAN

Tolle Rummelplatz-Lichteffekte lassen sich mit einem per Bluetooth ansteuerbaren Smart-Effects-LED-Lichtstreifenset von Faller realisieren. Es enthält auf einer Länge von 50 cm nicht weniger als 150 RGB-LEDs, die einzeln adressierbar sind. Die zum Starter-Set mitgelieferte Controller-Einheit kann mit drei Lichtstreifen-Verlängerungen erweitert werden. Das schon 2021 vorangekündigte sehr universell einsetzbare USB-Ladegerät für Car System-Fahrzeuge soll ab Mai 2023 ausgeliefert werden. (Faller)

Zu YouTube: Interview über die Faller Smart-Effects-LED-Lichtstreifen und H0-Tunnelbohrmaschine

Diverse elektronische Modellbahn-Zubehörteile zeigte beispielsweise Dietz Elektronik. Das Unternehmen hat sein bewährtes Weichen- und Universalstellpult STP-16 um die Funktion „indirekte Weichenstraße“ erweitert. Sie ermöglicht Nutzern von einfachen Digitalzentralen und Handreglern eine bequeme Auslösung und Speicherung komplexer Fahrstraßen. Ideal für Spur N-Modelle ist ein 14x9 mm kleines Soundmodul mit SUSI-Schnittstelle. Die 270 mm lange digitale LED-Lichtleiste zur Wagennachrüstung wurde um interessante Funktionen wie einen Zufallstimer und eine einstellbare Einschaltverzögerung ergänzt. (Dietz Elektronik)

Modellbahn-Basteleien

Aus Hartschaum besteht das H0-Modell „Vergessener Ort Lokomotive“ von Noch. (Foto: Pernsteiner)

Die Firma Noch zeigte in Nürnberg viele Neuheiten rund um die Gestaltung von Modellbahnanlagen. So wurden Figuren in 1:87 und 1:160 angekündigt, die direkt in Farbe aus dem 3D-Drucker kommen. Sie beleben die Themenwelten Bahnbetriebswerk, Bahnsteig, Güterverladung, Polizeieinsatz, Post und Straßenarbeiten. Die jeweils vier bis sechs 1:87-Figuren enthalten zahlreiche Ergänzungsteile für das jeweilige Szenario. Die Easy-Track Gleistrassen-Bausätze für H0 wurden um die Variante „Theisensee“ erweitert. Sie ermöglicht den Bau einer kompakten kleinen Bergwelt mit Brücke und Tunnel auf einer Fläche von 125x105 cm. Wer mal mit einem Augenzwinkern einen vergessenen Ort auf seiner Anlage nachbilden will, kann das Lost Places-Modell „Lokomotive“ aus Hartschaum erwerben und durch entsprechende Bemalung als verfallene Dampflok inszenieren. (Noch)

In einigen anderen Messehallen gab es interessante Lok-Bausätze. So zeigte Cobi ein erstes Muster seiner aus mehr als 2400 Klemmbausteinen bestehenden Schlepptender-Dampflok der Baureihe 52. Sie soll in etwa einen Maßstab von 1:35 haben und ist auf den typischen Lego-Schienenabstand von knapp 38 mm ausgelegt. Dazu passend kommen Gleise mit Schwellen, die sogar eine Holzmaserung haben. (Cobi)

Fein detaillierter Revell-Bausatz der Baureihe 03 im Maßstab 1:87 (Foto: Pernsteiner)

Wer eine sehr detaillierte Schlepptenderlok im Maßstab 1:87 bauen möchte, wird bei Revell fündig. Denn daher kommt eine 266 mm lange Schnellzuglok der Baureihe 03 als Kunststoff-Spitzguss-Bausatz aus 136 Teilen. (Revell)

Zwar deutlich weniger detailgetreu, aber dennoch sehr dekorativ waren auf der Spielwarenmesse wieder zahlreiche ausgestellte Bausätze für Lokomotiven aus Holz oder Metall. So zeigte Ugears einen Laser-geschnittenen Holzbausatz aus 504 Teilen für einen 57 cm langen und 12,5 cm hohen Hogwarts Express Zug im 4 cm Spurweite. Er besteht aus einer Schlepptender-Dampflok und einem Personenwagen. Die Lok hat eine mechanische Motorisierung mit einem Metallfeder-Aufzugswerk. (Ugears)

Ebenfalls voll beweglich und zum Teil sogar mit Beleuchtung sind die Metall-Lokbausätze von Metal-Time. In Anlehnung an den Film Polarexpress wurde die 36,5 cm lange Schlepptenderlok Polar Steel vorgestellt. Der Bausatz besteht je nach Version aus 239 blanken oder farbigen Stahlblech-Teilen, die per Laser geschnitten sind. Dazu gehören LEDs, eine Soundelektronik und ein Antriebsmotor. Der zweite neue Bausatz heißt Heavy Loco und hat eine Zuglänge von 48,5 cm. Hier wird eine Dampflok mit Feder-Aufzugsmotor, ein Schlepptender und ein Wagen aus insgesamt 234 Teilen gebastelt. (Metal Time)

Auch der 256-teilige Metallbausatz für die sehr futuristisch wirkende 51 cm lange Stromlinien-Dampflok Dazzling Steamliner von Time for Machine strahlt Technikglanz aus. Die Lok hat einen Feder-Aufzugsmotor und zum Lieferumfang gehören die Teile für Gleise mit einer Gesamtlänge von 153 cm. (Time for Machine)

Bausatz von Veter Models aus Sperrholz und Plexiglas (Foto: Pernsteiner)

Ein faszinierende Kombination aus dünnen Sperrholzplatten und ebenfalls Laser-geschnittenen Plexiglas-Platten sind die 3D-Puzzles von Veter Models. Am Messestand war eines der Highlights der aus 538 Teilen bestehende Bausatz für den Thunderstorm Express. Die 35 cm lange stromlinienförmige Schlepptenderlok hat zahlreiche bewegliche Teile und ein Feder-Aufzugswerk sowie einen Umschalter für die Vorwärts- und Rückwärtsfahrt. (Veter Models)

Über den Autor:

Peter Pernsteiner, Dipl.-Ing. (Univ.) und freier Journalist, entdeckte mitten im Elektrotechnik Studium seine Liebe zum Technik-Journalismus und landete bald danach in der Redaktion einer großen ITK-Fachzeitschrift. Seit 1994 schreibt er als freier Journalist insbesondere über Technik-Themen – unter anderem für Magazine im Bereich Modelleisenbahn. 2016 startete er zudem einen YouTube-Kanal für Technikreportagen, der inzwischen weltweit Beachtung findet. Dort veröffentlicht er auch Video-Interviews mit Ausstellern unter dem Suchbegriff „Spielwarenmesse 2023".

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