Internationale Spieleerfindermesse erstmals in Nürnberg
Eindrücke gesammelt von Peter Neugebauer
Von Peter Neugebauer
Nichts ist erträglicher für die Spielebranche, als Autoren und Redakteure zusammenzubringen. Das geschah im großen Stil mit der Internationalen Spieleerfindermesse erstmals parallel zur Spielwarenmesse in Nürnberg.
Spieleautorentreffen haben in Deutschland Tradition. Seit den 80er Jahren rief Autor Reinhold Wittig das heutige Spieleautor*innen-Treffen in seiner Heimatstadt Göttingen ins Leben. Der Journalist Tom Werneck etablierte ein süddeutsches Pendant in Haar bei München, das seit über 25 Jahren besteht. Diese Zusammenkunft ist zur Spielwarenmesse umgesiedelt und fand 2023 erstmals in Nürnberg statt. Am Messefreitag kam es einen Tag lang zwischen Autoren und Redakteuren zu Begegnungen, Austausch und Vorstellung von Prototypen neuer Spielideen. Zum Wohle aller.
Präsentation mit Weitblick
Wer die Halle 11.1 des Messezentrum Nürnbergs betrat, für den öffnete sich eine weitläufige Empore mit knapp 150 Tischen. Dort stellten die Spieleerfinder ihre Prototypen vor. Näherte sich ein Spieleredakteur oder eine Spieleagentur einem Tisch, erschloss sich eine mannigfaltige bunte Welt von Brett- und Kartenspielen. Alle Autoren hatten einen oder mehrere Prototypen dabei. Sie luden zum Ausprobieren ein und erklärten ihre Ideen. Einmal eingetaucht in die Welt der Würfel, Karten und Figuren, verfingen sich die Interessenten im Flow der neuen Ideen und zukunftsweisenden Prototypen.
Bunte Vielfalt an den Spieletischen
Ich bin an einem Plakat hängengeblieben, das mit Farbklecksen und dem Schriftzug „Schmierfink“ für Aufmerksamkeit sorgte. Kaum hatte ich mir einen freien Sitzplatz erobert, erklärte Sarai Aporta ihre Spielidee, die sie mit ihrem Vater entwickelt hatte. Thematisch wird bei „Schmierfink“ gänzlich Neues versucht. Es geht darum, hingekritzelte Doppelbegriffe zu entziffern. Als i-Tüpfelchen muss jeder selbst ein zusammengesetztes Wort in Schmierfink-Manier hinkrakeln. Andere Spieler sollten es nicht ohne Weiteres entschlüsseln können. Diese feine Idee hat auch Redakteure auf den Plan gerufen. Gleich mehrere sind bei ihr vorstellig geworden und haben Interesse signalisiert. Frau Aporta war gut vorbereitet und konnte allen Nachfragenden die Spielregel mitgeben und erhofft, dass ein Spielemuster von einem Redakteur angefordert wird.
Diese Hürde muss als erstes genommen werden. Liegen Spiele im Verlag, darf jeder Autor davon ausgehen, dass sie getestet werden und eventuell zum fertigen Produkt reifen.
Lara Koller hatte, mit ihrem Partner Kiwook Nam, „Somewhere under the Rainbow“ entwickelt. Bunte Splittersteine müssen von Insekten gesammelt werden, um diese in die Farben des Regenbogens zu tauschen. Ziel ist es natürlich, als erster alle sechs Farben beisammenzuhaben. Auch sie berichtete von Interesse seitens unterschiedlicher Redakteure, die bisweilen im Nachgang noch eine knappe Video-Präsentation erbitten.
Daraufhin darf ein Autor hoffen, dass ein Prototyp angefordert wird.
Bemerkenswert war die Internationalität. Aus gut zwanzig Ländern kamen Spieleerfinder angereist. Die geballte kosmopolitische Kraft ließ sich mit Händen greifen. Als Beleg diente die unmittelbare Nachbarschaft von Spieleerfindern aus Mexiko, Nigeria und Chile in einer Präsentationsecke. Die Spiele belegten ihre kulturelle Herkunft.
Großes Interesse bei Redakteuren
Nicht nur die Autoren waren mit dem Angebot der ersten Spieleerfindermesse zufrieden. Auch die Redakteure nutzten die Gelegenheit zu persönlichem Kontakt. In Nürnberg sind sowieso alle anwesend. Statt ihren Messekalender mit Einzelterminen zu füllen, können sie bei so einem Format die neuen Ideen zeitsparend sondieren. So verwundert es nicht, dass Verantwortliche von allen großen und vielen kleinen Verlagen anwesend waren. Wolfgang Lüdtke, Redakteur bei Kosmos, empfand die Erfindermesse als Pflichttermin. Er berichtete, dass das Kosmos-Team sich aufgeteilt hatte, so dass jeder der sechs Mitarbeiter einen Teil der rund 150 Autoren kontaktieren und deren Ideen begutachten konnte. So hat der Verlag sichergestellt, dass vom großen Angebot tatsächlich alles gesehen wurde. Lüdtke kommt zu dem Gesamteindruck: „Die Erfindermesse in Nürnberg war ziemlich gut. Was aus einzelnen Spielen wird, weiß natürlich noch keiner. Die Veranstaltung sollte auf jeden Fall wiederholt werden.“ Damit wird der Eindruck der Autorinnen bestätigt. Eine Win-Win-Situation.
Nach Messeschluss gab es bei der GamingHour in direkter Nachbarschaft zu den Autorentischen ein Get-together bei fränkischem Bier und Nürnberger Bratwürste. Im Anschluss an die Verleihung des Spielepreis DuAli durch den Ali Baba Spieleclub e. V. war reichlich Zeit für Smalltalk und Networking.
Nichts ist wichtiger, wenn die Beteiligten neuer Spielideen zusammenkommen, um eine solide Basis für eine gute Zusammenarbeit schaffen. Das wurde allemal geleistet.
Über den Autor:
Peter Neugebauer ist ein „Spielkind“ durch und durch. In früher Kindheit wurde er durch seine Eltern ans Brettspiel herangeführt. Spiele als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk waren obligatorisch und stets gern gesehen. Peter Neugebauer hörte auch während des Studiums oder während seiner Berufsjahre nicht auf zu spielen. Schon früh rezensierte er Neuheiten, zunächst in reinen Fachzeitschriften, dann auch in Tageszeitungen und seit fast 40 Jahren in Branchenmagazinen. Ohne Spielen geht’s bei ihm nicht.