Warum sich Spielwaren ändern müssen: Eine Vision für die Zukunft
Weg vom linearen Spielzeug und hin zur Kreislaufwirtschaft bei Toys – schließlich geht es um die Zukunft unserer Kinder
Kommentar von Sharon Keilthy
Jiminy Eco Toys ist weltweit der erste Shop für ökologisch produzierte Spielwaren. Seit ich 2018 mit meinem Öko-Projekt durchgestartet bin, habe ich viel darüber gelernt, was „Nachhaltigkeit“ im Toy-Sektor bedeutet. In meiner Kolumne zu nachhaltigen Spielsachen im Spirit of Play will ich dieses Wissen mit euch teilen. Lasst uns alle zusammen die Spielwarenindustrie dabei unterstützen, etwas für den Schutz unseres Planeten und unserer Kinder zu tun.
Das Motto lautet: Weg vom linearen Prinzip, hin zur Kreislaufwirtschaft
Es gibt schon eine ganze Reihe von führenden Spielzeugherstellern, die viel versprechende Neuerungen ausprobieren, wie z.B. recycelte Kunststoffe und Bioplastik. Allerdings steht unsere Branche bei der Umstellung auf nachhaltiges Wirtschaften noch ganz am Anfang. Deswegen sind die meisten Spielsachen immer noch linear und belasten am Anfang, in der Mitte und am Ende ihres Lebenszyklus die Umwelt.
Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen. Es ist vielmehr so, dass wir zuerst das Problem klar definieren müssen, um uns dann gemeinsam an seine Lösung machen zu können.
- Am Anfang des Lebenszyklus eines Spielzeugs steht eine enorme Umweltbelastung. Wir alle wissen, dass wir uns in einer Klimakrise befinden. Laut einer Schätzung der Ellen MacArthur Foundation verursacht der menschengemachte Kunststoffeinsatz 6% der weltweiten CO2-Emissionen. Und die Toy-Branche ist die plastikintensivste Industrie überhaupt, denn 90% aller Spielwaren werden aus neu hergestelltem Plastik produziert, das auf Erdölbasis gewonnen wird1. Die meisten Spielsachen haben 22.000 km auf dem Buckel, bevor sie in die Regale kommen, weil sie aus China stammen2. All das sorgt für einen CO2-Ausstoß, der nur durch das Pflanzen von 1 Milliarde Bäume kompensiert werden könnte3!
- Das Leben eines Spielzeugs zwischen Produktion und Entsorgung ist eine Blackbox. In den entwickelten Ländern bekommt ein Kind unter 12 Jahren durchschnittlich neue Spielsachen im Wert von 450 Euro pro Jahr4. Aber wie lange werden diese Spielsachen tatsächlich genutzt? Manche Studien besagen, dass sie schon nach einem Monat ausgedient haben. Außerdem lässt sich kaputtes Spielzeug nur schwer reparieren, denn die Hersteller bieten standardmäßig weder Ersatzteile noch Reparaturanleitungen, geschweige denn einen Reparaturservice an. Es gibt zwar lokal durchaus Stellen und Organisationen, bei denen man sich Spielzeug leihen kann, aber in den meisten Fällen sind das kleine Stadtteilinitiativen und keine Mainstream-Angebote, mit denen man fest rechnen kann.
- Am Ende des Lebenszyklus kommt dann noch das Entsorgungsproblem dazu und damit haben Familien, Behörden und Charity-Einrichtungen gleichermaßen zu kämpfen. Leider ist es gesellschaftlich nicht akzeptiert, gebrauchtes Spielzeug zu verschenken. Soziale Einrichtungen nehmen häufig keine gebrauchten Stofftiere an (und manche wollen überhaupt keine Spielsachen haben). Die meisten Spielsachen bestehen aus einem Mix an unterschiedlichen Materialien und somit nicht recyclingfähig. Und wenn sie doch recycelt werden, dann reicht es gerade einmal fürs Downcycling und sie werden zu Parkbänken oder Ähnlichem.
Allein aus Gründen des Klimaschutzes muss sich bei Spielwaren also dringend etwas ändern. Wie sieht es aber rein menschlich aus?
Geschenke für eine bessere Zukunft
Ich habe einmal unsere damals neun Jahre alte Kundin Aoife gefragt, warum es wichtig ist, sich für umweltfreundliches Spielzeug zu entscheiden. Die Antwort war: „Das ist wichtig, weil Pflanzen und Tiere aussterben. Deswegen ist es wichtig, umweltfreundliche Dinge zu nutzen, damit niemand leiden muss“.
Wenn wir nun ein Geschenk kaufen, mit dem wir Aoife eine Freude machen wollen, aber dabei ein Produkt aus Plastik auf Erdölbasis wählen, ist die bittere Wahrheit, dass:
- unser Geschenk dazu führt, dass Pflanzen und Tiere sterben;
- unser Geschenk die Zukunft und den Planeten, auf dem Aoife lebt, gefährdet.
...Das ist nicht im Sinne von Aoife. Und auch nicht in unserem Sinne. Spulen wir also vor zu einem Szenario, in dem uns ein Kauferlebnis erwartet, bei dem wir uns wohlfühlen – wenn wir als Spielwarenindustrie unsere Hausaufgaben im Bereich Nachhaltigkeit machen.
Im Jahr 2033 im Spielwarenladen vor Ort
Wir machen einen Zeitsprung und beamen uns zehn Jahre in die Zukunft. Es ist Samstag und unser Zeitreisender braucht ein Geschenk für ein Kind, das ihm am Herzen liegt. Er geht durch die Tür eines großen Spielwarenladens und sieht Schilder mit „Reparatur“, „Ersatzteile“ und „Spielsachen zum Mieten“. Er schaut sich in der Abteilung für Konstruktionsspielzeug und für Plüsch um und bemerkt, dass alle Artikel in den Regalen aus Recycling-Kunststoff, Biokunststoff, Holz oder Pappe sind. Und es gibt sogar generalüberholte Spielsachen mit dem Aufkleber „gebraucht… und stolz darauf“, die allesamt hübsch verpackt und mit einer Garantie versehen sind. Hier kann er in aller Ruhe und mit gutem Gewissen nach dem Geschenk suchen, über sich das Kind am meisten freuen würde. Denn jedes Geschenk, das er kauft, schützt unseren Planeten und die Zukunft des beschenkten Kindes, anstatt die Umwelt zu schädigen.
Am stärksten wirkt sich das Material, aus dem ein Spielzeug gefertigt ist, auf seine CO2-Bilanz aus.
Einen geringen Fußabdruck haben:
- pflanzliche Materialien – Holz, Biokunststoffe, die CO2 speichern, wie Bio-PE, Pappe, Papier, Kork, Kautschuk;
- bereits recycelte Materialien (aus Abfall) wie recycelte Kunststoffe, Recycling-Holz, Recycling-Pappe und Recycling-Papier (nicht zu verwechseln mit Werkstoffen, die recycelbar sind, denn das sind neu produzierte Materialien, die theoretisch nach ihrer Nutzung recycelt werden können.)
Beispiele für Spielzeug aus CO2-armen Materialien
Weitere Links:
Video: Best Practice: Öko ist das neue Normal – über die nachhaltige Zukunft von Spielwaren (Preview der Präsentation)
Video: Die gesamte Präsentation ist abrufbar über Spielwarenmesse Digital (Registrierung per E-Mail)
In dem Report von Sharon Keilthy auf der bio!TOY Conference 2023 können Sie mehr über Bio-Kunststoffe, für die Spielzeugproduktion unbedenkliche Recycling-Kunststoffe und das Massenbilanzprinzip erfahren. Der Report ist auch im Spirit of Play Online-Magazin zu finden.
Über die Autorin
Sharon Keilthy aus Dublin in Irland ist Gründerin des weltweit ersten Spielzeugshops für ökologisch denkende und handelnde Menschen, der im Internet unter Jiminy.ie besucht werden kann. Bis heute hat sie Ökospielzeug im Wert von über 2 Mio. Euro verkauft. Alles CO2-neutral und abfallarm. Sie ist Mitbegründerin der Women in Toys Sustainability Learning Community zur Schaffung von Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit.