Die Spiele-Highlights 2024 kommentiert von Peter Neugebauer
Die Spannung steigt: Welches Spiel gewinnt?
Im Jahreslauf knistert es immer wieder vor Spannung unter den Spieleautorinnen und -autoren, in den Verlagen und im Spielwarenhandel: Welche Spiele gewinnen eine Auszeichnung? Die Preisverleihungen in Österreich, „Spiel der Spiele“ am 22. Juni, und in Frankreich, „As d’Or“ am 22. Februar, fanden bereits statt. Welche die Jury Spiel des Jahres in den verschiedenen Kategorien in Deutschland auszeichnet, wird am 21. Juli 2024 veröffentlicht.
Zurzeit sehr beliebt: Natur im Spiel
Tiere erkunden! „Auf den Wegen von Darwin“ von Sorry We Are French (Vertrieb Asmodee) spürt Wildtieren auf unserem Planeten nach. Die Beagle, das Forschungsschiff des großen Entdeckers, reist um die Welt und kann vor Ort immer eines von drei Tierplättchen gewinnen. Dieses wird auf einem eigenen Tableau abgelegt. Dort versucht jeder, Serien zu komplettieren, wie z.B. vier Säuger aus unterschiedlichen Kontinenten. Boni und Zusatzaufgaben locken, bestimmte Strategien zu verfolgen. Im Prinzip wird ein eher einfaches Sammelspiel geboten, bei dem keiner den anderen groß schadet: Zum Wohlfühlen, noch dazu mit wunderschönen Illustrationen. Nominiert zum Spiel des Jahres und beim As d‘Or
Im Einklang leben! „Harmonies“ von Libellud (Vertrieb Asmodee) will genau das erreichen. Jeder schafft auf einem Ablageplan mit runden Holzsteinen sein Biotop, bestehend aus verschiedenen Pflanzen, Felsen und Wasserläufen. In diese Landschaft werden Tiere angesiedelt. Clou ist es nun, eine zueinander passende Fauna zu erschaffen. In den Dschungel mit Krokodil passt besser der Papagei als eine Gebirgsziege. Durch einen einfachen Nimm-Rhythmus werden die Landschafts-Steine und Tierkarten erobert. Die Regel ist einfach, das Arrangement der Komponenten zueinander ist die eigentliche Aufgabe: Voller Charme, vor allem bei den Tierillustrationen, für die der blaue Löwe auf dem Cover exemplarisch steht. Empfohlen von der Jury „Spiel des Jahres“
Grüner Daumen! In „Botanicus“ von Hans im Glück (Vertrieb Asmodee) kann sich jeder diese Auszeichnung der Gärtner-Zunft verdienen, indem er seine Beete bestellt. Er bepflanzt den Humus mit prächtigen Pflanzen, bringt sie durch Bewässerung zur Blüte und arrangiert eine Gartenanlage, die zur Schau gestellt werden kann. Besucher kommen und haben ihre eigenen Vorlieben, was sie sehen wollen. Dafür werden Punkte verteilt. Schmetterlinge und anderes Getier hübschen den Garten auf. Ein gänzlich neuer Aktionsmechanismus fordert die Gärtner mannigfaltig, so dass beim Gartenbau Fehler gemacht werden können: Anspruchsvolle Gärtnerkunst auf hohem Niveau. Empfohlen von der Jury „Kennerspiel des Jahres“
Pilze reiten auf Schnecken! In „Mycelia“ von Ravensburger wird ein einzigartiges Naturschauspiel geboten. Im Tal der tausend Tautropfen bringt jeder seine Wassersteinchen zum Schrein des Lebens, um die Gunst der Waldgöttin zu gewinnen. Mit vielen Helferlein, durch die Bank sind es Kerlchen wie Morcheln und ähnliche, werden die eigenen Tautropfen bewegt und verschoben, um sie ins Ziel zu bringen. Ein Kartendeck mit Pilzkameraden unterschiedlicher Fähigkeiten hilft bei der Aufgabe. Spielerisch muss das Deck der eigenen Karten sukzessive verbessert werden. So wird das eigentliche Vorhaben effektiver erreicht: Voller Charme in einer naturalistisch-mystischen Pilzwelt. Gewinner des österreichischen Preises „Spiel der Spiele“ 2024
Auf dem Vormarsch: Kultur im Spiel
Kunstmäzene unter sich! In „Galerie der Künste“ von Huch! darf sich jeder als Kunstkenner erweisen. In Bietrunden erwerben die Spieler Gemälde verschiedener Stilrichtungen. Die werden an die eigene Bilderwand geheftet. Dabei sind bestimmte Vorgaben zu beachten. So dürfen Ausstellungsstücke gleicher Kategorie nicht nebeneinander hängen. Zunehmend wird diese Aufgabe schwieriger und man muss darauf achten, solch einen Fauxpas nicht zu begehen. Clou ist, dass die Gemälde unterschiedlich groß sind. Das erschwert bisweilen die Aufhängung. Dann ist der flüchtige Zeitgeist zu beachten, der den Trend für bestimmte Stilrichtungen bestimmt: Sehr wechselhafter Verlauf, spannend bis zum Schluss!
Gemmen im Verborgenen! Bei „Hidden Stones“ von Piatnik ist es ratsam, die unsichtbare Seite, die Rückseite der ausliegenden Steinplatten zu kennen. Denn diese kann der Schlüssel zur Lösung sein. Es geht um Farbmuster. In einer 3x3-Auslage liegen quadratische Steinplatten unterschiedlicher Farbgebung. Diese dürfen gewendet oder mit einem Nachbarstein getauscht werden, um eine Aufgabenkarte zu erfüllen. Clou ist es nun, dass die vier Handkarten entweder als zu lösende Aufgabe oder als Zugerlaubnis verwendet werden. Da ist es stets die Entscheidung, wie welche Handkarte eingesetzt wird. In kleiner Runde ist der Ablauf unmittelbarer, weniger zufällig: Gefälliges Schieben und Wenden!
Juwelen taxieren! In „Große kleine Edelsteine“ von Schmidt muss jeder mit scharfem Auge Edelsteine nach Größe und Form einschätzen. Alle spielen gleichzeitig. Es kommt auf Geschwindigkeit an. Auf dem Tisch liegen verdeckt 81 Plättchen in neun verschiedenen Formen und Größen. Drei aus dieser Auslage müssen pro Runde nach Vorgabe von allen gleichzeitig herausgeklaubt werden. Da die Edelsteine bisweilen sehr ähnlich sind, wird auch danebengegriffen. Es ist die Kunst, unter Zeitdruck Rubine und Topase exakt zu erkennen. Obwohl als Kinderspiel konzipiert, entpuppt sich die Aufgabe auch für Erwachsene spielerisch interessant: Auge-Hand-Koordination als Herausforderung nicht nur für Kinder! Nominiert zum „Kinderspiel des Jahres“
Trend unserer Zeit: Kooperative Spiele
Sicher Landen! In „Sky Team“ von Kosmos schlüpfen zwei Spieler in die Rollen von Pilot und Copilot. Sie müssen den Touch-down eines Flugzeugs koordinieren. Dabei nähert sich der Flieger Runde für Runde dem Erdboden. Die beiden Piloten haben alle Hände voll zu tun. Auf das Ausfahren der Landeklappen, die Balance bei der Annäherung, die Drosselung der Geschwindigkeit und manches mehr ist zu achten. Mit einem Würfel-Einsetz-Mechanismus wechseln sich die Spieler ab und geben dem Partner indirekt Hinweise. Diese gilt es richtig zu deuten. Für Abwechslung sorgen elf Flughäfen mit 21 Szenarien. Nur gemeinsam ist die Aufgabe zu meistern: Ungewöhnliches und befriedigendes Spieleerlebnis! Nominiert zum „Spiel des Jahres“
Stammesritual erfüllen! Bei „Ritual“ von Strohmann Games muss die Spielergruppe in sechs Schritten das geforderte Ritual vollenden. Schweigend. Jeder gibt den anderen indirekt Hinweise. Glitzernde Elementarsteine liegen auf dem Tisch und müssen in eine korrekte Ordnung gebracht werden. Leicht esoterisch angehaucht ist das Arrangieren von Licht, Feuer, Dunkelheit, etc. letztendlich eine logistische Aufgabe. Die eigene Spielgeschick sind die Tauschregeln und das herrschende Schweigegebot. Insgesamt zehn unterschiedliche Rituale sorgen für Abwechslung und steigern die Schwierigkeit: Interessante Herausforderung und Herangehensweise! Empfohlen von der Jury „Kennerspiel des Jahres“
Quizzen einmal anders! Bei „Knowledge?“ von Edition Spielwiese (Vertrieb Pegasus) ist Wissen nützlich, aber für einen möglichen Sieg nicht notwendigerweise erforderlich. Die Spieler haben eine gemeinsame Figur, die gegen fünf weitere Spielsteine anläuft. Auf einem Rundparcours muss dafür Sorge getragen werden, dass der Wissensmarker der Spieler vor den anderen das Ziel überquert. In jeder Runde wird jeder Farbe eine Frage zugeordnet. Die Antwort ist immer eine Zahl zwischen „0“ und „5“, manchmal noch größer. Aus der Frage lässt sich erkennen, ob der Wert gut oder schlecht ist. Dementsprechend werden die neutralen Figuren ausgebremst bzw. der eigene Laufstein gepusht: So ganz ohne Wissen geht es hier dann doch nicht!
Über den Autor
Peter Neugebauer ist ein „Spielkind“ durch und durch. In früher Kindheit wurde er durch seine Eltern ans Brettspiel herangeführt. Spiele als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk waren obligatorisch und stets gern gesehen. Er hörte auch während des Studiums oder während seiner Berufsjahre nicht auf zu spielen. Schon früh rezensierte er Neuheiten, zunächst in reinen Fachzeitschriften, dann auch in Tageszeitungen und seit fast 40 Jahren in Branchenmagazinen. Ohne Spielen geht’s bei ihm nicht.